Äquatoriale Tischsonnenuhr von Erasmus Habermel

Deutsches Museum

Beschreibung

1911 erwarb das Deutsche Museum auf einer Versteigerung in Paris eine mit Skalen und Beschriftungen besonders reich versehene, viereckige, äquatoriale Tischsonnenuhr aus vergoldetem Kupfer. Die Inschrift "fecit E. habermel" belegt, dass es sich um ein signiertes Instrument von Erasmus Habermel handelt. Über diesen schrieb einer der besten Kenner der frühneuzeitlichen deutschen astronomischen Instrumente, Ernst Zinner, dass er "nicht zu den einfallreichsten, aber sicherlich zu den geschicktesten und vollendetsten Meistern des 16. Jahrhunderts" gehört. Zahlreiche Instrumente aus seiner Werkstatt sind heute bekannt (darunter ein Astrolabium, vgl. Deutsches Museum, DMO, Inv.-Nr. 29028) und setzen in den bedeutenden Instrumentensammlungen gewichtige Akzente.

Es ist unbekannt, wann und wo Habermel geboren ist – wahrscheinlich in den 1550er Jahren. Das früheste bekannte und von ihm signierte Werk entstand 1576. Unbekannt ist auch, wann er nach Prag kam, das der 1576 zum Kaiser gewählte Rudolf II. zu seiner permanenten Residenz machte. Der Hof des in Spanien streng katholisch erzogenen Kaisers, der die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler nach Prag holte, wurde zum Zentrum der noch am Anfang stehenden modernen Naturwissenschaften. Deren aktuelle Fragestellungen und Anforderungen spiegeln sich in der Qualität der dort hergestellten Instrumente wider. In jenen von Habermel verbindet sich hohe Präzision und handwerkliche Qualität mit eindrucksvoller ästhetischer Gestaltung. Das markanteste Datum seiner Karriere dürfte der 1. Oktober 1594 gewesen sein, als er zum astronomischen und geometrischen Instrumentenmacher ernannt wurde. Aus den Hofakten ist auch sein Todesdatum, der 15. November 1606, bekannt.

Die Habermel-Sonnenuhr des Deutschen Museums, deren genaues Entstehungsdatum unbekannt ist, trägt auf der durchbrochenen Grundplatte einen Kompass mit östlicher Missweisung sowie ein Kurvennetz zur Umrechnung der Stunden. Auf der Unterseite der Grundplatte findet sich eine Projektion der nördlichen Erdhälfte ("OCASSVS SOLIS") auf die Meridianebene und die Skala der Tierkreiszeichen – der zugehörige Zeiger fehlt – und die Tabelle der Tag- und Nachtlängen. Das Zifferblatt der Sonnenuhr zeigt innen die holländisch beschriftete 32-fach unterteilte Windrose und außen zweimal zwölf Stunden mit je acht Unterteilungen. Es wird mit zwei Stäben auf den in den seitlich in der Grundplatte angebrachten Kerben "Eleuatio Poli" parallel zur Äquatorebene eingestellt. Um die Mitte ist drehbar ein durchgehender Zeiger mit einer Spitze am einen Ende und mit dem senkrecht aufklappbaren flachen Schattenstab am anderen befestigt. Dieser ist oben mit einem größeren und darunter mit zwei kleineren Löchern versehen, durch welche die Sonnenstrahlen fallen. Eigentümlicherweise ist die Sonnenuhr nur für den Sommer brauchbar, da die untere Seite der Äquatorplatte nur mit dem Kurvennetz "HORÆ DIVRNE CV[M] VVLGARES TV[M] / PLANETARIÆ INTER SE ADEQVATÆ", der gewöhnlichen Stunden und der Planetenstunden, sowie einer Tabelle der Tagesplaneten ("TABVLA PLANETARIVM DIEI") versehen ist. (Quelle: Petzold 2003)

Rechtehinweis Beschreibung

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