Protokoll der konstituierenden Sitzung des Volksrates für Tegernsee

Staatsarchiv München

Beschreibung

Im ländlichen Raum stieß die Revolution 1918 zumeist auf eher verhaltene Resonanz. Dies traf besonders auf solche Orte zu, in denen es keine nennenswerte Arbeiterschaft gab. So kam es im oberbayerischen Tegernsee erst gut einen Monat nach der Revolution zur Bildung eines so genannten Volksrates. Dieser wurde auf einer im Bahnhotel von der Sozialdemokratischen Partei Tegernsee am 11. Dezember 1918 einberufenen Versammlung gewählt und bestand gemäß den Richtlinien des bayerischen Gesamtministeriums aus neun Mitgliedern. Von diesen vertraten fünf die Arbeiter sowie jeweils einer das Kleingewerbe, die Bauern, die Bürger und die geistigen Arbeiter. Anders als in den großen Städten suchten die sozialdemokratischen Arbeiterräte das Bürgertum miteinzubeziehen, weswegen sich das Gremium nicht als "Arbeiterrat", sondern als "Volksrat" bezeichnete. Der Tegernseer Volksrat hatte keine größeren Machtambitionen und verfolgte keine radikal-revolutionären Bestrebungen. Davon zeugen auch die im Sitzungsprotokoll festgehaltenen übrigen drei Tagesordnungspunkte. Während sich der größte Einzelpunkt 3 mit der Verhängung eines Tanzverbots befasst, werden bei Nr. 4 pragmatische Fragen der Lebensmittelversorgung behandelt. Die Initiative für eine Volks- und Schutzwehr, die aufgestellt werden soll, ging nicht vom Volksrat, sondern von der Gemeindeverwaltung aus. Der Volksrat beanspruchte gegenüber dieser nicht etwa Befehlsgewalt, sondern beschränkte sich auf sein Vorschlags- und Auskunftsrecht.

Autor

Daniel Rittenauer

Rechtehinweis Beschreibung

CC0