Püterich von Reichertshausen, Jakob (Artikel aus Neue Deutsche Biographie)
Beschreibung
Püterich entstammte einem bedeutenden Münchener Patriziergeschlecht, dessen Reichtumauf Handels- und Geldgeschäften gründete. Durch Erwerb des Adelsguts Reichertshausen schuf sein Familienzweig 1334 die Voraussetzung für den Aufstieg in den Adelsstand, mit dem sich die Püterich in der Folge mehrfach durch Heirat verbanden. Wie schon seine Vorfahren stand Püterich in engstem Kontakt zu den bayerisch Herzögen und zur politischen Führungsschicht des Landes, der auch er selbst angehörte. So urkundete er seit 1440 wiederholt als herzoglich Rat, amtierte 1442/43 als Stadtrichter in Landshut, war 1445-49 Beisitzer des kaiserlich Kammergerichts in Wien, wurde 1450 zum herzoglich Landrichter ernannt, nahm im selben Jahr an Verhandlungen mit Friedrich d. Siegreichen von der Pfalz teil und war 1452 bei der Kaiserkrönung Friedrichs III. in Rom anwesend. 1466-68 zählte er zum kleinen Kreis von Ratgebern, die in den Thronfolgestreitigkeiten der jungen Herzöge Sigmund und Albrecht IV. vermitteln sollten. Mehr als diese politischen Aktivitäten bewirkten seine literarischen Ambitionen Püterichs Nachruhm. Sein vermutlich 1462 in Titurelstrophen verfaßter, an die Erzherzogin Mechthild von der Pfalz (1419–82) gerichteter sogenannte(r) „Ehrenbrief“ beginnt mit einer hierarchisch geordneten Reihung der seinerzeit existierenden und der bereits ausgestorbenen turnierfähigen, das heißt hochadligen, Geschlechter Altbayerns. Im zweiten Teil werden Bücher aus Mechthilds Bibliothek aufgelistet, die Püterich bisher unbekannt waren. Im Anschluß nennt er Titel aus seiner eigenen, immerhin 164 Exemplare umfassenden Sammlung – vor allem Artus- und Gralsromane und andere Erzählungen, aber auch geistliche Literatur. Der „Ehrenbrief“, der Mechthild gegen Gerüchte, die über ihre angeblichen sexuellen Ausschweifungen kursierten, in Schutz zu nehmen vorgibt, selbst jedoch nicht frei von Anzüglichkeiten ist, bildet eine wichtige Quelle der genealogischen und – als Dokument der Bestände von Adelsbibliotheken – der kulturwissenschaftlichen Forschung. Nicht alle Ausführungen des anspielungsreichen, auf Publikumswirkung angelegten Texts dürfen indes als realistische Informationen gelesen werden. Insbesondere gilt das für die Darstellung der Ich-Figur, die als liebestoller Greis, turnierwütiger Emporkömmling und weltfremder Büchernarr gezeichnet ist. Das sich in dieser Ironisierung manifestierende Selbstbewußtsein des einflußreichen Ratsmitglieds basierte wohl nicht zuletzt auf adelstypischen Kulturtechniken wie Turnier- und Minnewesen sowie literarischem Expertentum, die Püterich im „Ehrenbrief“ thematisiert.
Autor
Bastert, Bernd