Salcher (Artikel aus Neue Deutsche Biographie)

Beschreibung

Mathias (1803–79), Sohn des Bauern Mathias und seiner Frau Maria Zeiger, stammte aus Maria Luggau (Kärnten). Er erlernte seit 1818 bei seinem Onkel Josef Zeiger in Passau die Canevasweberei. 1821 ging er nach Wien, wo er 1827 die Schmiedemeisterstochter Josefa Zeller heiratete und sich 1829 als Weber in Wien-Neubau selbständig machte. 1845 nahm er die Erzeugung von Seidenknöpfen auf, wofür er Spezialmaschinen importierte, an denen er selbst Verbesserungen vornahm; für deren Betrieb erlangte er 1850 ein kaiserlich (und) königlich Privilegien-Patent. 1858 baute Mathias in Harland bei Sankt Polten eine umfangreiche Garn- und Zwirnproduktion auf, 1859 gründete er die Firma „Mathias Salcher & Söhne“ in Wien. Für sein soziales Engagement im Schul- und Armenwesen in Wien-Neubau wurde ihm die Goldene Salvator-Medaille der Gemeinde Wien verliehen, 1879 das Ritterkreuz des Franz Josephs-Ordens. Alle vier Söhne arbeiteten im Unternehmen: Rudolf (1828–85) übernahm 1866 die Leitung der Wiener Zentrale. Josef (1830–89) führte die Harlander Betriebe, Mathias ( gestorben 1896) stand der Exportabteilung vor und Ferdinand (1833–89) leitete die Errichtung neuer Werksanlagen in Wagstadt (Bílovec, Österreich-Schlesien). Das Wiener Stammgeschäft übersiedelte 1878 in ein prachtvolles, neu errichtetes Warenhaus in der Innenstadt, die Firma beschäftigte 1879 etwa 1000, 1893 etwa 3000 Arbeiter, verfügte über ein weltumspannendes Netz von Handelsniederlassungen und erzielte 1893 einen Umsatz von circa 5 Million(en) Gulden. In Harland wurde 1869 der Betrieb um eine Zwirnerei erweitert, 1875 eine ehemalige Schraubenfabrik im benachbarten Stattersdorf in eine Spulerei und 1877 eine ehemalige Gipsmühle in Harland in eine Spulendreherei umgebaut. Seit den 1880er Jahren wirkte hier Josefs Sohn Josef (1861–1920, verheiratet Adele Ruzek) mit, der nach seinen Studien technische Erfahrungen in Manchester gesammelt hatte. 1891 begann er mit der Errichtung eines großzügigen Fabrikgebäudes in Ochsenburg, doch brachen die Preise für Baumwollwaren ein. Um das Kapital für die Fertigstellung aufzubringen, brachte man die Harlander Werke 1894 in die neu gegründete Aktiengesellschaft der „Harlander Baumwollspinnerei und Zwirnfabrik“ unter Beteiligung englisch Kapitalgeber ein. Bis zum 1. Weltkrieg wurden die Betriebe elektrifiziert, 1913 eine Zwirnerei, 1915 eine Spulerei in Harland errichtet. Josef gründete mit seinen englisch Compagnons J. u. P. Goats 1899 auch eine Zwirnfabrik in Preßburg. Um 1910 wurde die Geschäftsführung der Harlander Aktiengesellschaft von Wien nach Sankt Pölten verlegt, nach dem 1. Weltkrieg übernahmen die englisch Teilhaber die Aktiengesellschaft der Harlander Baumwollspinnerei und Zwirnfabrik ganz, Mitglieder der Familie Salcher verblieben noch im Direktorium. Die Weberei und Knopfproduktion wurde 1864 von Wien nach Wagstadt verlegt, die Produktpalette um die Erzeugung von diversen Metallwaren und Steinnußknöpfen erweitert. Außerdem gründete Ferdinand in den 1880er Jahren eine Baumwollspinnerei in Jablunkau. Seine Söhne, Robert (1875-1935), Heinrich (1869–1917) und Emil (1870–1925), wandelten 1910 die Firma Mathias Salcher & Sühne OHG in eine Aktiengesellschaft um, verlegten ihren Sitz 1920 nach Wagstadt und führten sie in der Zwischenkriegszeit zu neuer Blüte. Nach der Annexion des „Sudetenlandes“ wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft nach deutsch Recht umgewandelt. Nach Kriegsende wurden die Betriebe in der Tschechoslowakei nationalisiert, der Familie Salcher verblieben das Handelshaus in Wien und zwei weitere Betriebsstätten in Österreich.

Autor

Resch, Andreas

Rechtehinweis Beschreibung

CC BY-NC-ND 4.0

Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften