bavarikon4UBeschreibung
Die gemuldete, runde Schale mit Scharffeuerbemalung zeigt in schwarz-goldgelber Malerei vor blau-gelbem Hintergrund das Allianzwappen Johann Neudörffers und seiner zweiten Frau Katharina, Goldschmiedetochter aus Augsburg. Gemäß der Signatur im unteren Teil des Dekors stammt die Vorlage von Hans Sebbald Lautensack aus dem Jahr 1552. Die lateinische Inschrift in der Kartusche am oberen Rand der Schale lautet übersetzt: "Das Amt, das du erlangt hast, verwalte es gut. Johann Neudörffer, Rechenmeister". Im 16. Jahrhundert ließen sich deutsche Adelige und Patrizier zu Repräsentationszwecken gerne italienische Majolika-Geschirre mit ihren Familienwappen als Schaustücke für ihre Tafeln und Anrichten anfertigen. Von ähnlichem Selbstbewusstsein zeugt die vorliegende Wappenschale des Nürnberger Schreib- und Rechenmeister Johann Neudörffer d. Ä. (1497-1563, ausgezeichnet 1543 mit dem Titel eines kaiserlichen Pfalzgrafen), der 1519 das erste Schriftmusterbuch nördlich der Alpen herausgab, mit dem er die Basis für die Frakturschrift legte. Sein hoher Rang als "Modist", schon bei den Nürnberger Zeitgenossen zeigt sich darin, dass er auf Ersuchen Dürers die Texte auf dessen Apostel-Bildern schrieb. Hoch bedeutsam für die Nürnberger Stadtgeschichte und die Kunstgeschichte allgemein ist auch seine Schrift "Nachrichten von den vornehmsten Künstlern und Werkleuten, so innerhalb hundert Jahren in Nürnberg gelebt haben", die noch heute einen anschaulichen Einblick in das künstlerische Leben Nürnbergs zur Dürerzeit vermittelt. Vom Majolika-Service Neudörffers existieren weitere Teile in öffentlichen Sammlungen von Washington D.C., Hamburg und Stuttgart. Der Überlieferung nach stammt die Schale aus dem Besitz der Fürsten von Pfalz-Neuburg. Gemäß dem ersten Inventarverzeichnis von 1894 gehört das Stück zum Kernbestand der Graßeggersammlung des Historischen Vereins Neuburg an der Donau.
Autor
Dr. Barbara Lehne-Degle, Eva Gerum M.A., Historischer Verein Neuburg an der Donau