Becher aus Steinbockhorn

Historischer Verein Neuburg an der Donau

Beschreibung

Zu den grundlegenden Prinzipien der abendländischen Magie gehören Sympathie- und Analogiedenken und die Signaturenlehre. Sympathie geht davon aus, dass alle belebten und unbelebten Dinge des Kosmos untereinander in einer geheimen Verbindung stehen. Oft sah man in der äußeren Gestalt eines Gegenstandes oder eines Lebewesens einen Hinweis auf seine inneren Wirkungen. Daraus wurde die sogenannte Signaturenlehre entwickelt, die behauptete, dass Krankheiten mit Naturstoffen geheilt werden können, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem von der Krankheit betroffenen Körperteil oder mit den erwünschten Wirkungen haben. Auch die markanten, prächtig geschwungen Hörner des einsam in Felsenhöhe verharrenden Steinbocks wurden magisch gedeutet. Er stand für Kraft und Potenz. Gefäßen aus Steinbockhorn wurde speziell die Fähigkeit zugeschrieben, Gifte zu neutralisieren. Der Glaube an die magische Heilkraft des Steinbockhorns war in der Frühen Neuzeit so groß, dass der Tierbestand bereits im 17. Jahrhundert durch rücksichtslose Bejagung vor dem Aussterben stand. Das Steinbockhorn-Gefäß aus der Graßegger-Sammlung weist auf der Unterseite eine Gravur mit dem Namen "von Leoprechting" und der Jahreszahl "1838" auf. Zu denken wäre an den Neuburger Appellationsgerichtsrat Joseph von Leoprechting als Vorbesitzer, aber nicht an den Volkskundler und Historiker Karl von Leoprechting (1818-1864), der im eingravierten Jahr "1838" gerade erst 20 Jahre war.

Autor

Dr. Stephan Bachter, Volkskundler und Historiker, Holzen

Rechtehinweis Beschreibung

CC BY-NC-ND 4.0