Beschreibung
Gebetbuch für Israelitische Gemeinden, herausgegeben von Rabbiner Dr. Leopold Stein (1810-1882). Die zweite Auflage wurde von Dr. Richard Grünfeld (1863-1931) bearbeitet, der von 1910-1929 als Rabbiner in Augsburg tätig war. Der erste Band war für Werk-, Sabbat- und Festtage sowie für die häusliche Andacht bestimmt, der zweite Band für den Gebrauch anlässlich des Neujahrsfestes (hebr. Rosch ha-Schana) und des Versöhnungstags (hebr. Jom Kippur). Publiziert wurden die beiden bearbeiteten Bände durch den Verlag der Israelitischen Kultusgemeinde Augsburg im Jahr 1917 und 1918 anlässlich der Einweihung der Synagoge in der Halderstraße. Dass beide Gebetbücher zum großen Teil auf Deutsch und nicht auf Hebräisch verfasst sind, zeugt von der liberalen Ausrichtung der Augsburger Gemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese Ausgabe bekam der Widmung auf der Innenseite des Einbandes zufolge Käthe (Katharina) Eisenmann (1909-2008), später verheiratete Underwood, anlässlich ihrer am 21.05.1923 stattfindenden Konfirmation von der Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Augsburg am 17.05.1923 geschenkt. Käthe (Katharina) Underwood war die Tochter von Dr. Sigmund (1881-1937) und Karolina Eisenmann, geb. Binswanger (1887-1943). Ihr Vater war Teilhaber der Augsburger Likörfabrik Binswanger. 1931 heiratete Käthe den aus Österreich stammenden Journalisten und Musikkritiker Dr. Phil. Ludwig Unterholzner (1902-1992). Der Katholik erhielt im Jahr 1938 "Berufsverbot" durch die Nationalsozialisten, da er es ablehnte, sich von seiner jüdischen Ehefrau scheiden zu lassen. Aufgrund des zunehmenden Verfolgungsdrucks durch die Nationalsozialisten emigrierte das Ehepaar 1939 in die USA, wo Käthe als Lehrerin tätig war. Ludwig, der sich mittlerweile Lucas Underwood nannte, arbeitete in Stockton als Professor für Musikgeschichte an der Universität und komponierte bzw. dirigierte zudem verschiedene Opern. Käthes Vater verstarb noch vor den Deportationen, ihre Mutter hingegen wurden im September 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.