Ablasshandel, aus: Martin Luther. Originallithographien von Lovis Corinth. Die Neuen Bilderbücher, dritte Folge. Ex. 58/150

Kunstsammlungen der Veste Coburg

Beschreibung

Mit seiner 34 Blätter umfassenden Luther-Folge knüpfte Lovis Corinth auf eigenständige Weise an die Tradition der graphischen Zyklen des 19. Jahrhunderts an. Die Wahl des Themas kam nicht von ungefähr, entsprach doch die Ära der Reformation mit ihrem vermeintlichen Hang zum Kraftstrotzenden, Derben und Abgründigen auf das Beste Corinths künstlerischem Temperament. Das hier vorgestellte Blatt thematisiert den Ablasshandel. Zu sehen ist der Dominikaner Johann Tetzel, der mit devotem Lächeln in verschlagen gebückter Haltung hinter dem Tisch mit dem Ablasskasten steht. Über seinem Kopf erscheint der berühmte Vers, mit dem er um die Gaben der Sündigen wirbt: „Sobald der Gülden im Becken klingt / Im Hui die Seele in den Himel springt.“ Von rechts her ist ein junger Adeliger herangetreten, um seinen Beitrag in den Kasten zu legen. Mit seiner aufrechten Haltung, dem breitbeinigen Stand und dem flamboyanten Kopfschmuck steht er in einem auffälligen Gegensatz zur Erscheinung Tetzels. Da er zudem schräg von hinten wiedergegeben ist, bietet er sich als Identifikationsfigur an. Damit rückt der Betrachter gewissermaßen selbst in die Rolle des Ablasskäufers.

Literatur

Karl Schwarz, Das graphische Werk von Lovis Corinth, 2. Auflage, Berlin 1922, S. 243ff; Martin Treu, Martin Luther aus der Sicht von Corinth. Ein Beitrag zu der Frage nach dem „guten“ Lutherbild, in: Luther-Zeitschrift der Luthergesellschaft 67 (1996, S. 26-35.

Autor

Michael Overdick

Rechtehinweis Beschreibung

RR-F