Beschreibung
Für die Nürnberger Bürger gehörte in der Frühen Neuzeit die Pest zum Alltag dazu. In Abständen von ungefähr 12 Jahren suchte das "große Sterben" die reiche Handelsstadt heim. Der Rat der Stadt Nürnberg bemühte sich nach Kräften, das Seuchenproblem durch medizinalpolizeiliche Maßnahmen in den Griff zu bekommen: Er erließ Pestverordnungen, errichtete Pesthäuser und stellte Pestärzte ein. Auch auf religiöse Hilfe setzten die Bürger ihre Hoffnungen: Die Figur des Heiligen Rochus in einem Seitenaltar von St. Lorenz spendete Trost und gab Hoffnung, hatte der Heilige doch selbst die Pest überlebt. Unübersehbar prangte eine dunkel gefasste, große Beule am Oberschenkel der Figur.
Dagegen hielt der Schöpfer dieser kleinen Steinschnittszene aus dem Jahr 1596 nicht das Bild der Krankheit fest, sondern deren soziale Folgen: Er zeigt einen Mann, eine Frau und ein Kind – wohl eine kleine Familie – die bereits von der Pest dahin gerafft wurden. Im Arm der Frau sitzt ein weiteres Kleinkind, das Gesicht von seiner Mutter weg- und dem Betrachter zugewandt: das Kind lebt noch. Der Zaungast, der auf der Mauer über der Szene ruht, hält sich die Nase zu. Dies mag als Hinweis auf den damals verbreiteten Glauben an einen ursächlichen "Pesthauch" gelesen werden oder auch einfach als eine Illustration der Tatsache, dass es "stank wie die Pest".
Autor
Marion Maria Ruisinger