Deckeldose, bauchige Schmuckdose aus Birnbaum mit Oberfräsenornament

Museum Oberschönenfeld

Beschreibung

Die gebauchte Dose aus poliertem Birnbaumholz verfügt über einen flachen Steckdeckel mit zentralem Knauf. Sie stammt aus der 1778 gegründeten Drechslerei Heinz in Waal (Lkr. Ostallgäu), die Gebhard Heinz (1884–1972) 1910 in vierter Generation übernommen hatte. Die Verzierung des Deckels, ein umlaufendes Ornamentband, fertigte der Juniorchef Christian Heinz (1912–1963) an der Oberfräse, inspiriert von der Zusammenarbeit mit dem Architekten Fritz Spannagel (1891–1957). Spannagel bemühte sich im Zuge der Reformbewegungen um 1900 um eine „Neue Sachlichkeit“ in Architektur und Kunstgewerbe. 1933 als „politisch untragbar“ eingestuft, wurde ihm die Leitung der Höheren Fachschule für Möbelbau und Innenarchitektur der Stadt Berlin entzogen. Im erzwungenen Ruhestand widmete er sich dem Verfassen von Fachbüchern. Im Mai 1938 war er zu Gast in der Drechslerei Heinz, wo er Fotos anfertigen ließ, die Eingang in seine Publikation „Das Drechslerhandwerk“ (Erstauflage 1940) fanden. In Waal, so schrieb er, half ihm Christian Heinz, der 1937 als Gastschüler an der Württembergischen Staatlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart Kenntnisse der Oberfräsentechnik erworben hatte, „eifrig bei den Versuchen, die Oberfräse zur Herstellung einwandfreier Ornamente zu nützen.“ Als Christian Heinz 1963 bei einem Autounfall ums Leben kam, führte zunächst seine Witwe Klara (1926–2007) und ab 1995 seine Tochter Hildegard Heinz (geb. 1948) mit ihrem Ehemann Dieter Kaiser (1940–2013) das Unternehmen weiter. Da sich keine Nachfolge fand, endete 2016 die über 200-jährige Firmengeschichte.