Reichstagswahl 6.6.1920: Typisches Bild vor einem Wahllokal mit Gruppe von Nonnen

Münchner Stadtmuseum

Beschreibung

Das Bild stammt aus dem Jahr 1920. Das Motiv von wählenden Ordensschwestern in München wiederholt Darstellungen aus dem vorherigen Jahr und verweist auf die noch ungewöhnliche Situation, dass Frauen wählen durften. 1919 durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal an den Wahlen zum Bayerischen Landtag (12. Januar) und zur verfassungsgebenden Nationalversammlung (19. Januar) teilnehmen. Fotografisch wurde dieses Ereignis kaum dokumentiert. Lediglich zur Wahl am 19. Januar entstanden zwei Bilder mit Mönchen und Nonnen auf dem Weg ins Wahllokal. Das Frauenwahlrecht wurde in Deutschland von Aktivistinnen, wie in Bayern u.a. durch Anita Augspurg (1857–1943), gefordert. Die Forderung wurde von der SPD geteilt. Kurz vor der Revolution vereinbarten die bayerischen Landtagsparteien am 2. November 1918 eine umfassende Verfassungsreform, die die Etablierung einer parlamentarischen Monarchie und die Einführung des Frauenwahlrechts vorsah. Durch den Umsturz am 7./8. November wurde die geplante Reform zur Makulatur. Kurt Eisner (1867–1919) stellte die rasche Einführung des Frauenwahlrechts in seiner Proklamation des Freistaats vom 8. November in Aussicht. Als es aber an die konkrete Umsetzung für die kommenden Landtagswahlen ging, wurde im Ministerrat darüber diskutiert, ob es nicht erst für die nachfolgenden Wahlen eingeführt werden solle. Die MSPD fürchtete, dass Frauen besonders auf dem Land mehrheitlich für die BVP stimmen würden, stellten sie doch 53,4 % der Wahlberechtigten. Dennoch wurde das Frauenwahlrecht eingeführt. Die Frauenstimmen und die der katholischen Geistlichkeit gingen, wie seitens der MSPD befürchtet, zu großen Teilen an die BVP.

Autor

Stefan Schnupp

Rechtehinweis Beschreibung

CC0