Grabrelief mit Trauerzug

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Im unteren Bildfeld des Reliefs sind die Gäste eines Begräbnisses dargestellt: Die Figuren von zehn Männern (vom elften ist in der Bruchkante links nur noch eine Schulter zu erkennen), jeweils bis zur Taille erhalten, sind zu Zweier- und Dreiergruppen zusammengestellt, in der Mitte steht eine einzelne Figur. In ihrer Kleidung sind sie als hohe Beamte und Würdenträger, durch ihre Gesten als Trauernde gekennzeichnet: Die Haltung der vor den Mund gelegten Hand und des in die Hand gestützten Kinns sind typische Trauergesten; dazu zählt auch das in ein langes Fransentuch geborgene Gesicht. Der szenische Kontext der Trauernden ist der Begräbniszug zum Grab, wo Freunde und Amtskollegen dem Verstorbenen die letzte Ehre erweisen. Obwohl die Anzahl dieser trauernden Männer keineswegs festgelegt ist, werden sie inschriftlich stets als die „Neun Freunde“ bezeichnet. Neun ist die Potenz von drei, dem altägyptischen Pluralbegriff, so dass man dies wohl als „alle Freunde“ zu verstehen hat. In dieser Szene kommt die Qualität der Relieftechnik der Nachamarnazeit (ca. 1330-1290 v. Chr.) besonders zum Tragen, keine andere Epoche hat derart gekonnt mit Überschneidungen gearbeitet. Charakteristisch für diese Zeit ist auch die überaus feine Innenzeichnung des Reliefs bei den verschiedenen Details der Tracht wie etwa dem Plissee der Gewänder oder den gewellten Locken der Perücken. Im oberen Bildstreifen ist der untere Teil einer Szene erhalten, die sich aus Parallelen ergänzen lässt: Links steht eine männliche Figur, die wegen des zwischen den Beinen erkennbaren Tierschwanzes ein Priester gewesen sein muss, der ein Leopardenfell umgehängt hatte. Daran schließt sich ein großer Opferaufbau mit runden Broten und darübergelegten Fleischstücken an. Ganz rechts ruht auf einem kleinen Polster ein flach am Boden ausgestreckter Fuß: Er gehört zur Figur einer Frau, die am Boden kniet – die Witwe des Verstorbenen, die von der Mumie ihres Mannes Abschied nimmt. Nicht mehr erhalten ist die Fassade des Grabes, vor der die Szene spielt und der Priester, der die aufgerichtete Mumie stützt. Aufgrund der Stilistik ist das Relief eindeutig der memphitischen Nekropole am Ende der 18. Dynastie zuzuordnen. Zu dieser Zeit – kurz nach dem Regierungsantritt des Tutanchamun – war die ägyptische Hauptstadt in das unterägyptische Memphis verlegt worden (um 1330 v. Chr.).