Bildostrakon "Biertrinkende Maus"

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Unter Ostraka versteht man Scherben aus Kalkstein oder Keramik, die von Künstlern für Entwurfsskizzen von Reliefs oder Malereien verwendet wurden. Auch wurden sie in den Schulen als billiges Schreibmaterial für Übungen verwendet und für Kurzmitteilungen, Abrechnungen u.ä. benutzt. Die meisten Ostraka wurden in Deir el-Medineh gefunden, der Stadt auf dem thebanischen Westufer, in der die Künstler und Handwerker lebten, die die Königsgräber schufen. Die Bildostraka überliefern auch Motive, die offensichtlich im profanen Bereich (Ausstattung von Häusern) verwendet wurden und dort nicht überliefert sind. Dieses Ostrakon zeigt eine Maus, mit einem langen gefältelten Schurz bekleidet, die mit einem Saugrohr Bier aus einem Krug trinkt – ein Motiv, das von einer Berliner Stele bekannt ist, wo allerdings ein Syrer als Akteur dargestellt ist. Hinter der auf einem Hocker sitzenden Maus steht eine Katze, die ihr ein Halsband schließt – vergleichbar entsprechenden Szenen in thebanischen Gräbern, in denen eine Dienerin der Hausherrin einen Blütenkragen oder eine Kette um den Hals legt. Diese Szene gehört zum Motivkreis der „verkehrten Welt“, in der das Nilpferd auf dem Baum hockt und die Vögel auf der Erde gezeigt werden oder die Mäuse im Streitwagen die Katzen besiegen. Es wird vermutet, dass diesen Darstellungen Tierfabeln zugrunde liegen, die weitgehend mündlich überliefert worden sind.