Oberteil eines kindlichen Sonnengottes

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Der nackte Oberkörper ist in der Taille gebrochen; der rechte Arm angewinkelt, die Hand ist zum Gesicht erhoben. Sie ist zur Faust geschlossen mit Ausnahme des ausgestreckten Zeigefingers, der ursprünglich am Kinn anlag. Der Kopf wird von einem Königskopftuch bedeckt, vor der Stirn sitzt eine Uräusschlange. Auf dem Scheitel erhebt sich der Unterbau einer Krone mit einem horizontal verlaufenden, geschraubten Widdergehörn. An der rechten Schläfe setzt ein voluminöser Zopf an, der in einer Volute bis auf die Schulter herabfällt. Die Geste des an den Mund geführten Zeigefingers sowie der Seitenzopf ("Jugendlocke") sind die ikonographischen Merkmale eines Kindgottes; wäre die Figur vollständig erhalten, wäre ihre Nacktheit ein weiterer Hinweis auf die Darstellung eines Kindes. Ein Ordnungsprinzip der ägyptischen Götterwelt ist die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Sohn. Eine solche Götterfamilie - oder Triade - ist meist einem bestimmten Tempel zugeordnet: So besteht die Familie des Karnak-Tempel aus dem Vater Amun, der Mutter Mut und dem Kind Chons. Die wohl bekannteste Götterfamilie besteht aus dem Jenseitsherrscher Osiris, seiner Gemahlin Isis und ihrem Sohn Harpokrates ("Horus-das-Kind"). Ohne weiteren Kontext und ohne gesicherte Herkunft ist die Identität dieser kindlichen Gottheit nicht zu bestimmen. Die Büste dieses Kindgottes ist von außergewöhnlicher Qualität und Größe. Der Körper ist plastisch modelliert, Gehörn, Kopftuch mit Schlange sowie der Zopf zeigen feine Innenstrukturen. Die Augen weisen eine seltene Silberauflage auf. Derartige Götterfiguren waren kostbare Weihegeschenke an den Tempel.