Figur der Göttin Selket als Skorpion

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Auf einer längsrechteckigen Basis hockt ein Wesen, dass in seiner Erscheinungsform zunächst bizarr anmutet: An den Körper eines Skorpions mit acht Beinen und einem hochaufgerichteten Stachel, dessen oberer Teil heute fehlt, ist vorn der Oberkörper einer Frau mit üppigen Brüsten und zwei Armen angefügt, die, einem fünften Beinpaar ähnelnd, mit den Unterarmen und flach ausgestreckten Händen gleichfalls auf der Basis aufliegt. Der weibliche Kopf trägt eine Strähnenperücke und einen stilisierten Uräenkranz. Die Basis ist mittig auf einen Stab oder Szepter, das oben in einer Papyrusdolde endet, aufgesetzt. Bei dem Mischwesen handelt es sich um eine seltene Erscheinungsform der Göttin Selket, die meist in reiner Menschengestalt mit ihrem Attribut, einem Skorpion auf dem Kopf, dargestellt wird. Die Konvention, Götter in einer Mischgestalt aus menschlichen Leib und Tierkopf darzustellen, gilt überwiegend bei Göttern, deren Erscheinungsform ein Säugetier oder ein Vogel ist. Bei anderen Tierarten, deren Kopf allein nicht aussagekräftig genug wäre, wird dieses Prinzip umgekehrt und ein menschlicher Kopf auf den Tierkörper aufgesetzt: Das Charakteristische eines Skorpions ist der Körper mit Stachel oder, in einem anderen Beispiel, der schlangenähnliche Leib eines Aals, der als Urwesen dem Schöpfergott Atum seine Gestalt geben kann und ebenfalls mit einem menschlichen Kopf kombiniert wird. Selket ist als Hüterin des Lebens eine der bedeutendsten Schutz- und Heilgötter. Gemeinsam mit ihrer Schwester Neith sowie mit Isis und Nephthys breitet sie ihre Arme im Jenseits schützend um den Sarg und zählt zu den Kanopengöttinnen, die die Eingeweide schützen; Selket ist für den Schutz der Gedärme zuständig. Im Alltagsleben ist sie die Schützerin des Lebens schlechthin; mit ihrem Namen verbindet sich ein wirkmächtiger Zauber gegen Skorpionstiche, die eine ständige Gefährdung für die Ägypter waren. Ihre Priester waren als „Leiter aller Dinge der Göttin Selket“ Magier und Ärzte, deren „Berufsgöttin“ sie damit wurde.