Wappenscheibe der Nürnberger Patrizerfamilie Tucher: Der „Mohr“ mit der Stirnbinde, 1480

Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal

Beschreibung

Das Wappen mit dem sogenannten Mohren führte die Familie Tucher seit 1345. Anders als die Wappen der meisten Nürnberger Patrizierfamilien unterlag es im Laufe der Jahrhunderte keiner nachhaltigen Veränderung. Die Blasonierung lautet bis heute: „Geteilter Schild, oben von Schwarz und Silber fünfmal schrägrechts geteilt, unten in Gold ein Mohrenkopf“. Es gibt nur eine Ausnahme: Die vorliegende Wappenscheibe von 1480 mit einem „Mohren“, der eine mit Rosetten besetzte rote Stirnbinde über einer merkwürdigen, unter dem Kinn gebundenen weißen Haube trägt. Diese Scheibe stellt die einzige bekannte Abweichung des ansonsten unveränderten Tucherwappens dar. Die außergewöhnliche Darstellung wurde mit den auch im Mittelalter als Kaiser- und Königssiegel verwendeten antiken Kaiserköpfen mit Stirnbinde in Zusammenhang gebracht. Als kaiserliches Symbol könnte dies den Tucher als kaiserlichen Amtsträgern (Ministerialen) verliehen worden sein. Eine spätere Identifizierung des Kaiserkopfes mit dem Heiligen Mauritius in dessen Funktion als Reichspatron könnte dann den Wandel vom Kaiser- zum „Mohrenkopf“ gebracht haben. Jedoch ist diese Theorie problematisch, da der Kopf mit der Stirnbinde im Tucherwappen eben nur dieses einzige Mal belegt ist. Es ist also nach wie vor ein Rätsel, warum er eine Stirnbinde trägt. Die Familie jedenfalls scheint die einmalige Ausnahme nicht nachhaltig irritiert zu haben – für sie war der „Mohr“ wohl immer mit dem Heiligen Mauritius gleichzusetzen.

Author

Antonia Landois