Sogenanntes Gartenzimmer im 1. Obergeschoss des Tucherschlosses
Beschreibung
Fotografien der 1930er Jahre zeigen, dass sich die fest eingebaute Innenausstattung des Tucher’schen Renaissanceschlösschens – Zimmerdecken, Kamine, Wandverkleidungen – bis zur Zerstörung des Gebäudes im Januar 1945 weitgehend erhalten hatte. Mobile historische Einrichtungsgegenstände kombinierte man je nach Zeitgeschmack mit „modernen“ Accessoires. Das „Gartenzimmer“ im 1. Obergeschoss besaß einst eine Balkendecke und einen Holzboden. Zur Ausstattung gehörte eine lange dem Allround-Künstler Peter Flötner, einem Zeitgenossen Dürers, zugeschriebene Wandvertäfelung. Diese war mit Dekorationselementen der Renaissance – kannelierten Halbsäulen, Blattornamenten, Festons, Puttenköpfen und den Allianzwappen versippter Patrizierfamilien – reich verziert. Vermutlich ließ sich die Stube durch einen Ofen behaglich beheizen. Wandvertäfelung und dunkles Mobiliar verliehen dem Raum am Fin de Siècle die heimelige Aura der Altnürnberger „Goldenen Zeit“. Dabei waren die italienischen Scherenstühle, der schwere Holztisch, das Wandschränkchen, das Sofa und das „Lüsterweibchen“ teils alt, teils historistische Imitationen des 19. Jahrhunderts. Einige Möbel stammten direkt aus der Sammlung des Diplomaten Heinrich von Tucher, der das Nürnberger Familienanwesen ab 1919 zum Zweitwohnsitz wählte und die Einrichtung der Räumlichkeiten bis zu seinem Tod 1925 bestimmte: Einzelne ähnliche, wenn nicht gar identische Stücke sind auf Fotografien seiner Wohnungen in Rom und Paris zu sehen.
Autor
Ulrike Berninger