Blick vom Hof des Tucherschlosses nach Südwesten zum Nachbarhaus

Tucher'sche Kulturstiftung

Beschreibung

Der heute nahezu unbekannte Nürnberger Landschafts- und Stillebenmaler Johann Carl Kehr hatte bei Friedrich Trost d. Ä. und Carl Jäger an der Nürnberger Kunstgewerbeschule gelernt. 1885 folgte ein Studium bei dem Landschaftsmaler Gustav Schönleber an der Akademie Karlsruhe. Zurück in der Heimat wohnte Kehr für einige Zeit direkt neben dem Tucher’schen Anwesen. Der Maler hat als Sujet nicht die prominente Gartenansicht des Sandsteinschlosses gewählt, sein Fokus liegt auf den am Schlosshof gelegenen Seitentrakten. Charakteristisch ist dort der Fachwerkbau mit hölzernem Balkon, der als überdachte Galerie bis zu einem weinberankten Anbau, dem „Kutscherhäuschen“, führt. Hinter der Galerie grenzt direkt das Nachbargebäude an: ein Sandsteinbau mit fachwerkgeschmückter Hofseite, hohem Dach und markantem Giebel. Der pittoresken Architekturansicht hat Kehr einige genrehafte Details hinzugefügt: Wäschestücke über dem Balkongeländer, geschlichtete Holzscheite, ein hölzerner Bottich, ein Vögelchen auf dem Kopfsteinpflaster. Deutlich zeigt Kehr in der Wahl der malerischen Tonigkeit, dem impressionistischen Spiel von Licht und Schatten und dem lockeren Pinselstrich den Einfluss seines Lehrers Schönleber. Hinsichtlich der Blickperspektive und einiger Details weist das Bild große Ähnlichkeit mit einer um 1870 datierten Schwarzweiß-Fotografie des berühmten Nürnberger Fotografen Ferdinand Schmidt auf: Ob Kehr hier „nach der Natur“ gemalt oder die fotografische Vorlage verwendet hat, ist unklar.

Autor

Ulrike Berninger