Hans VI. Tucher, Reise in das Gelobte Land: 1. Druckausgabe, Augsburg: Schönsperger 1482

Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal

Beschreibung

Hans VI. Tucher (1428–1491), aus einer bedeutenden Nürnberger Patrizierfamilie stammend, hatte mit seinem Ratskollegen Sebald Rieter (1426–1488) das Heilige Land besucht und einen Reisebericht verfasst, der im ausgehenden Mittelalter hohe Popularität gewinnen sollte. Mit der ersten Buchausgabe beauftragte Tucher den Augsburger Drucker Johannes Schönsperger. Die Erstausgabe war – mit ihrer Initiale im Maiblumen-Muster und der Schwabacher Type – ein hübsches Buch, sie war aber nicht sorgfältig ausgeführt: sie besaß viele Druckfehler und kleinere vom Autor nicht genehmigte Eingriffe in den Text. In der Eingangspartie wurde der Passus weggelassen, in dem Tuchers Amt als Nürnberger Ratsherr erwähnt war. Der standesbewusste Tucher, der keinen Spaß in solchen Sachen verstand, distanzierte sich sofort von der Erstausgabe. Tucher beauftragte unmittelbar nach deren Erscheinen den Nürnberger Drucker Konrad Zeninger, eine neue, "autorisierte" Ausgabe zu erstellen. In einem ungewöhnlich langen Kolophon begründete er die Neuausgabe mit den Mängeln der ersten. Eine solche öffentliche Rüge dürfte in der Inkunabelzeit einmalig sein. Schönsperger, der bleibende finanzielle Schäden befürchten musste, reagierte schnell. Er brachte binnen weniger Wochen eine Fassung auf den Markt, in die er alle Korrekturen der Nürnberger autorisierten Ausgabe einarbeitete. Bis August 1482 lagen nun drei Ausgaben des Tucher’schen Reiseberichts vor.

Autor

Randall Herz