Beschreibung
In den historischen Inventaren des beweglichen Besitzes der Nürnberger Sebalduskirche finden sich zahlreiche Einträge über Wirkteppiche, die im Spätmittelalter in Pfarrkirchen vielfältig genutzt wurden. Diesen Einträgen ist zu entnehmen, dass der Patrizier Anton I. Tucher (1412–1476) und seine Frau Barbara Stromer (gest. 1484) neben dem Dorsale (auch Rück- oder Banklaken genannt) noch zwei Antependien für den Nikolaus-Altar der Sebalduskirche fertigen ließen. Das vorliegende Dorsale zeigt die Geschichte des Verlorenen Sohnes in 14 Szenen, wobei die ersten fünf nur in Aquarellkopien überliefert sind. Die weiteren neun Szenen sind heute im GNM in drei Einzelstücken erhalten. Ihre Geschichte spielt sich vor einem Wiesengrund mit reicher Vegetation ab. Deutlich werden die Szenen durch in die Landschaft gestellte Säulen voneinander abgesetzt. Nach der siebten Szene, also genau in der Mitte des Rücklakens, führt eine höfische Dame als Wappenhalterin die Familienwappen der Tucher und Stromer vor. Das „pancklach“ ist 1533 im Inventar der Sakristei von St. Sebald erstmals nachweisbar und wurde 1634 aufgrund seines schlechten Zustandes durch ein neues Rücklaken ersetzt. Bis ins dritte Viertel des 15. Jahrhunderts hatte man in Nürnberg Wirkteppiche verwendet, die in der Stadt selbst hergestellt wurden. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden dann zunehmend flandrische Erzeugnisse bevorzugt. Das Dorsale zählt zu den seltenen in Nürnberg gewirkten Bildteppichen des Spätmittelalters.
Autor
Andrea Mayerhofer-Llanes