Linsenflasche

Archäologische Staatssammlung München

Beschreibung

Mit Beginn der Latènezeit im 5. Jahrhundert v. Chr. werden die ersten Gefäße auf der schnelldrehenden Töpferscheibe hergestellt. Diese technische Neuerung brachte auch neuartige Gefäßformen hervor. Zu den auffälligsten neuen Formen gehören Linsenflaschen, Ausgussgefäße, die ihren Namen dem linsenförmigen Gefäßkörper verdanken. Linsenflaschen sind charakteristische Gefäße in Böhmen, Nordostbayern und im Inn-Salzach-Raum, wo sie auf deutlich veränderte Tisch- und Trinksitten verweisen. Schöpfte man in der vorausgehenden Hallstattzeit das Getränk mit einem kleinen Henkelgefäß aus einem großen Behälter, so bediente man sich nun aus einer Flasche und goss das Getränk in eine Trinkschale. Der hohe Hals, der im Laufe der Entwicklung immer höher und schlanker wurde, erleichterte wohl, dosiert auszugießen. Außerdem erleichterte die kleine zentrale Delle am Gefäßboden, die Flasche mit dem Daumen beim Kippen zu führen. Welche Getränke in diesen besonderen Gefäßen serviert wurden, ist nicht mehr zu erkunden. Vielleicht war es eine Art Obst- oder Beerenwein, wie es sich bei einer Linsenflasche vom Dürrnberg andeutet. Gleichzeitig mit Linsenflaschen kommen in der Frühlatènezeit Kannen auf, ebenfalls kleinformatige Ausgussgefäße. Während sich Linsenflaschen auf späthallstattzeitliche Vorformen zurückführen lassen, gehen Kannen auf Anregungen von südlich der Alpen zurück. Beide Gefäßformen des Trinkservices kommen gegen Ende des 4. Jahrhunderts schon wieder aus der Mode. Die bereits Ende des 19. Jahrhunderts v. Chr. in Nordostbayern gefundene Linsenflasche aus Atzlricht stammt aus einem Grab, über dessen Ausstattung keine weiteren Informationen vorliegen. Wie für scheibengedrehte Linsenflaschen charakteristisch, ist sie aus drei Teilen zusammengesetzt – Ober- und Unterteil des Gefäßkörpers sowie Hals –, die danach auf der Drehscheibe überarbeitet worden sind. Auf der dunklen, braungrauen und sorgfältig geglätteten Oberfläche hebt sich das ehemals weiß inkrustierte Muster aus eingestempelten S-Haken sehr gut hervor.

Autor

Archäologische Staatssammlung München

Rechtehinweis Beschreibung

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