Edikt über die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche Baiern

Juden hatten vor 1800 innerhalb der christlichen Gesellschaft eine meist rechtlich schlechtergestellte Minderheit dargestellt. Während in Bayern seit 1553 keine Juden mehr gelebt hatten, gab es in Franken und Schwaben zahlreiche und zum Teil auch sehr große jüdische Gemeinden. Insofern stand das Königreich Bayern nach dem Hinzugewinn dieser Gebiete vor der Herausforderung, rechtliche Regelungen für seine neue jüdische Bevölkerung zu schaffen. Unter dem Schlagwort einer „bürgerlichen Verbesserung“ sollte den Juden mit dem „Edikt über die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche Baiern“ vom 10. Juni 1813 (RBl S. 921) Rechtssicherheit und insbesondere die freie Religionsausübung gewährt werden.

Die wichtigsten Regelungsinhalte waren dabei die Religionsausübung und Gemeindebildung, dazu der öffentliche Unterricht, das Niederlassungs- und Eherecht sowie die Erwerbsverhältnisse der jüdischen Bevölkerung. Außerdem sollten Juden künftig deutsche Familiennamen annehmen. Erstmals erhielten Juden nun die Möglichkeit, die bayerische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Die rechtlichen Verbesserungen waren gemäß dem sogenannten „Matrikelparagraphen“ (§ 12) mit einer strengen zahlenmäßigen Begrenzung verbunden. Zur Kontrolle wurden die sogenannten Judenmatrikeln geführt. Erlaubt war in jedem Ort nur die Ansiedlung einer festgesetzten Anzahl jüdischer Familien.

Die Verfassung von 1818 bezog sich im Titel IV, § 9 auf die Regelungen des sogenannten Judenedikts und bekräftigte damit zwar die vollkommene Gewissensfreiheit und Freiheit der Religionsausübung auch für die jüdischen Glaubensgenossen, beließ es aber ansonsten bei den getroffenen Regelungen. Der Matrikelparagraph wurde erst 1861 durch Landtagsbeschluss abgeschafft. Die völlige rechtliche Gleichstellung der bayerischen Juden erfolgte freilich nicht mehr auf der Grundlage der bayerischen Verfassung, sondern wurde in Bayern erst nach der Reichsgründung 1871 durch Anwendung der dementsprechenden Reichsgesetze verwirklicht.

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