Nibelungenlied-Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek
Das Nibelungenlied wurde um 1200 von einem anonymen Dichter in Passau auf Grundlage älterer Sagenstoffe verfasst und gehört zu den großen Leistungen der Weltliteratur. Mit den Handschriften A (Cgm 34) und D (Cgm 31) besitzt die Bayerische Staatsbibliothek zwei der wichtigsten Textzeugen des Epos. Die Handschrift A ist seit Juli 2009 Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO "Memory of the World".
Basierend auf (oft nur lokal bedeutsamen) Personen und Ereignissen der Völkerwanderungszeit, die heute zum großen Teil nicht mehr eindeutig identifiziert werden können, bildete sich im Verlauf des Mittelalters durch mündliche Überlieferung, Ausschmückung und Verknüpfung vorher unzugehöriger Stoffe eine ganze Reihe von Sagenzyklen, zu denen auch Geschichten um den Helden Siegfried, die Könige Etzel (Attila) und Dietrich von Bern (Theoderich der Große), sowie den Untergang der Burgunden gehörten.
Auf Grundlage dieser reichen, heute kaum noch rekonstruierbaren mündlichen Überlieferung entstand um 1200 durch einen anonymen Autor das heute uns bekannte Nibelungenlied. Der Passauer Hof des Bischofs Wolfger von Erla (um 1140 – 1218) wird in der Forschung aufgrund sprachlicher und inhaltlicher Überlegungen überwiegend als Entstehungsort angesehen. In 39 Aventiuren ("Abenteuern" = Kapiteln) und rund 2400 Strophen werden Leben und Tod des Helden Siegfrieds sowie Kriemhilds Rache an den Burgunden besungen.
Als eigenständiger Text folgt dem Nibelungenlied in fast allen überlieferten Handschriften die Klage, in der auf über 4000 Versen die Nachgeschichte des Untergangs der Burgunden erzählt und christlich gedeutet wird.
Mit 35 Handschriften und Fragmenten gehört das Nibelungenlied zu den am besten überlieferten Texten des deutschsprachigen Mittelalters – ein Beweis für seine große Popularität. Auch nach dem Ende des Mittelalters verschwand die Kenntnis des Stoffes nie völlig – als Lied vom hürnen Seyfried, als Bühnenwerk von Hans Sachs oder zuletzt als Volksbuch erfreute es sich stets gewisser Beliebtheit.
Nach der Auffindung der Handschrift C des Nibelungenliedes in der Schlossbibliothek von Hohenems durch Jacob Hermann Obereit (1755) beginnt die Wiederentdeckung des mittelalterlichen Epos. Vom ersten Druck durch Christoph Heinrich Myller im Rahmen einer größeren Sammlung (1782) über die erste wissenschaftliche Edition von Karl Lachmann (1826/1878) und die weit verbreitete Übertragung durch Karl Simrock (1827) führt bis heute die kontinuierliche Beschäftigung mit dem Nibelungenlied und seine anhaltende Popularität, die freilich bis 1945 oft genug von einseitiger nationalistischer Deutung geprägt war.
Aufgrund seiner Bedeutung als herausragendes Beispiel mittelalterlicher Epik hat die UNESCO das Nibelungenlied im Juli 2009 in das Register des „Memory of the World“ aufgenommen. Dafür wurden die drei wichtigsten Textzeugen ausgewählt:
Handschrift A (Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 34)
Handschrift B (Stiftsbibliothek St. Gallen, Cod. Sang. 857)
Handschrift C (Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Cod. K 2037).
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