Vidimi – Die beglaubigten Kopien des Mittelalters

Die beglaubigte Kopie ist heute ein alltägliches Dokument, das es schon im Mittelalter gab: das "Vidimus" (lat. "wir haben gesehen"). Diese Form der Urkunde besteht neben der eigentlichen Abschrift einer früheren Urkunde aus einem Rahmentext. In diesem kennzeichnete der beglaubigende Aussteller das Dokument als Kopie, beschrieb gegebenenfalls äußere Merkmale des Originals, wie die Besiegelung, und nannte das Ausstellungsdatum. Der Inhalt der vidimierten Urkunde wurde zwar meistens wörtlich übernommen, die äußere Form, mögliche Dekorationen oder sogar die Sprache konnten allerdings abweichen. Die Vidimi hatten zwar eine hauptsächlich beglaubigende Funktion, der Aussteller haftete demnach nicht für den Inhalt, stillschweigende rechtliche Änderungen konnten in den Kopien dennoch vorkommen. Wie auch heute wurden solche beglaubigten Kopien auf Anfrage des Empfängers erstellt und der Aussteller verlangte als Gegenleistung eine Bezahlung. Die Aussteller waren bis zur Ausbreitung des Notariats im Laufe des 14./15. Jahrhunderts hauptsächlich geistliche Würdenträger und Institutionen. Die hier gezeigten Vidimi wurden von keinem Geringeren als vom Kaiser selbst ausgestellt. Anhand der Vidimi konnte er seine Herrschaft inszenieren, denn die durch ihn beglaubigten Urkunden hatten immer auch einen (un)gewollt bestätigenden Effekt. Der Kaiser war keineswegs verpflichtet, die Privilegien der Städte zu erneuern, aber er tat es gerne und ließ sich diese Gefälligkeit gut bezahlen. Auch der Empfänger war gerne zur Zahlung bereit, denn es lag in seinem Interesse, die Urkunde (und die darin zugesicherten Rechte) bestätigen zu lassen. Zusätzlich steigerte eine Ausstellung durch den Kaiser selbst den Wert der Urkunde.

Romina Knecht