KulturErben. Kuhländler Tänze

Die Kuhländler Tänze umfassen populäre Tänze und Lieder, deren Herkunft in das sogenannte "Kuhländchen" verortet wird. Dieser Landstrich im Nordosten Mährens war bis 1945 überwiegend von deutschsprachiger Bevölkerung besiedelt. Mit deren Vertreibung 1946 wurden Wissen und Können um diese Tänze und Lieder nach Deutschland mitgenommen. Heute bemühen sich deutsche und tschechische Volkstanzgruppen gemeinsam um den Erhalt dieses kulturellen Erbes.

Das Kuhländler Volkstanzrepertoire entwickelte sich größtenteils aus Gesellschaftstänzen des 17. bis 19. Jahrhunderts. Getanzt wurde zu Dorffesten, Hochzeiten und anderen Anlässen. Bis ins 19. Jahrhundert gab man die beliebten Tänze und Lieder mündlich sowie durch Mitmachen weiter. Charakteristisch sind ein mehrheitlicher Zwei-Viertel-Takt mit geringen Anteilen von Drei-Viertel-Takten. Gesammelt und verschriftlicht wurden Melodien und Tänze seit dem frühen 19. Jahrhundert vor allem von Felix Jaschke (1735-1831), Johann Bayer (1754-1830), Joseph Georg Meinert (1773-1844) und Fritz Kubiena (1860-1922).

Nach dem Ersten Weltkrieg kam es in der Tschechoslowakei zu einer bewussten "sudentendeutschen" Traditionspflege, in deren Rahmen die Kuhländler Tänze einen Aufschwung erfuhren, sodass jede größere Dorfgemeinschaft eine eigene Tanzgruppe besaß. Zeitzeugen berichten, dass nach der Annexion von Böhmen und Mähren durch die Nationalsozialisten eine Unterdrückung der Tänze vor allem in Neutitschein (Nový Jičín) erfolgte und gegen Ende des Zweiten Weltkrieges deren Verbot. Weil die aus dem Kuhländlichen 1946 Vertriebenen nur wenige Instrumente, Noten, Tanzbeschreibungen und Trachten mitnehmen konnten, mussten sie in ihrer neuen Heimat zunächst auf Erinnerungen und die publizierten Sammlungen zurückgreifen.

Seit den 1970er Jahren versuchen die über Bayern und Deutschland verstreuten Kuhländler sich mehr zu vernetzen und die Tanz-, Musik- und Trachtenpraxis zu koordinieren. Die in Bayern existierenden Tanzgruppen schlossen sich in der Kuhländler Trachten- und Tanzgruppe München zusammen und pflegen den Kontakt mit weiteren Gruppen und Interessierten im deutschsprachigen Raum. Seit den frühen 2000er Jahren bauten sie grenzüberschreitende Beziehungen zu tschechischen Volkstanzgruppen auf, vor allem zu Javornik aus Nový Jičín. Die Tänze beider Gruppen werden auf gemeinsamen Tanzseminaren einstudiert und weiterentwickelt sowie bei Veranstaltungen vorgeführt. Die Kuhländler Tänzerinnen und Tänzer sind damit vorbildhaft für transnationale Zusammenarbeit und kulturellen Austausch.

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000285/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".