KulturErben. Familienkurs als Praxisbeispiel für die Musik- und Tanzvermittlung nach dem Orff-Schulwerk

Das Orff-Schulwerk ist ein von Carl Orff (1895-1982), Dorothee Günther (1896-1975) und Gunild Keetmann (1904-1990) entwickeltes musik- und tanzpädagogisches Konzept, bei dem Improvisation sowie das gemeinschaftliche, generationenübergreifende Praktizieren von Musik, Tanz und Sprache im Mittelpunkt stehen. Es umfasst zwei grundlegende Werkreihen aus den 1930er- und 1950er-Jahren, die vielfach aufgegriffen und umgesetzt wurden. Dazu gehört auch der 1985 auf Basis der Orff’schen Pädagogik entwickelte Familienkurs, der zum gemeinsamen kreativen Musizieren, Tanzen und Singen anleitet.

Das Orff-Schulwerk basiert auf der Idee einer "elementaren Musik", die immer mit Sprache und Tanz verbunden und für jeden erlernbar ist, wobei das Musikverständnis mehr auf Improvisation und weniger auf Noten basiert. Bedeutsam für die Entwicklung des musikpädagogischen Konzeptes war 1924 die Gründung der Günther-Schule für Gymnastik und Tanz durch Dorothee Günther und Carl Orff in München. In Zusammenarbeit mit Gunild Keetmann entwickelten sie das Orff-Schulwerk, dessen erste Fassung 1932 mit dem Titel "Elementare Musikübung" als Schriftenreihe publiziert wurde. Die pädagogische Ausrichtung erwies sich gegenüber der nationalsozialistischen Kulturpolitik als wenig anschlussfähig, so blieb die Verbreitung des Schulwerks begrenzt; 1935 erschien das letzte Heft der Reihe. Zugleich war das Verhältnis von Orff zum nationalsozialistischen Kulturbetrieb ambivalent.

Nach dem Zweiten Weltkrieg führten Carl Orff und Gunild Keetmann ihr Konzept in neuer Form weiter: In Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk entstand 1948 unter der Leitung Keetmanns eine mehrjährige Sendereihe, aus der 1950 der erste Band einer zweiten grundlegenden Schulwerk-Ausgabe mit dem Titel "Musik für Kinder" hervorging. Das Schulwerk verbreitete sich in den 1960er Jahren rasch über Deutschland hinaus und weltweit. An der Universität Mozarteum in Salzburg richtete Orff 1961 eine entsprechende Ausbildungsstätte ein.

1962 wurde die Orff-Schulwerk-Gesellschaft Deutschland e.V. gegründet, die seit Mitte der 1980er Jahre den Familienkurs veranstaltet, welcher als Fortbildung für alle Generationen und Berufsgruppen gedacht ist. Alle Teilnehmenden sollen gemäß ihrem Können innerhalb von fünf Tagen durch verschiedene Projekte kreativ tätig werden, sei es beim Trommeln, Singen oder bei der gemeinsamen Aufführung eines Theaterstücks. Mit seiner inklusiven und integrativen Ausrichtung ist der Familienkurs ein Beispiel für gelebte Vielfalt.

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000355/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".