Innsbrucker Skizzenbuch, Seite 6 recto: Architekturskizzen in Winkelperspektive

Deutsches Theatermuseum

Beschreibung

Vorliegende Federskizze gehört zu dem aus acht verschieden großen Bögen (davon 1 Mantelbogen) zusammengehefteten Skizzenbuch, das Alessandro Bibièna vermutlich ganz oder teilweise während seines Aufenthalts in Innsbruck zwischen 1716 und 1718 mit flüchtig angelegten Arbeits- und Ideenskizzen füllte. Die in unterschiedlichen Nuancen von brauner Tinte angefertigten Federzeichnungen, die nur in wenigen Ausnahmen eine Bleistiftvorzeichnung (vgl. F 8712, F 8713, F 8718) oder Lavierung (vgl. F 1266, F 147) aufweisen, zählen zu den frühesten Arbeiten von Alessandro. Wie auch andere in Wien und New York erhaltene Skizzenbücher der Familie Bibièna zeigen, legte sich auch Alessandro einen Motiv-Vorrat an, mit dem er ein weites Spektrum barocker Bühnendekorationen in Teillösungen oder Details vorstellte. Anders als im 1720-1740 entstandenen sogenannten Wiener Werksskizzenbuch, das ganzseitige Entwürfe enthält und auf seine Brüder Giuseppe und Antonio zurückgeht, unterteilte Alessandro die einzelnen Blätter des Skizzenbuchs meist in zwei oder drei querformatige sowie in vier bis sechs annähernd quadratische Bildfelder, in denen er die auf der Bühne bevorzugten Raumtypen wie u.a. Palastinnenraum, Vorhof, Straßenflucht, Treppenaufgang, Festungsanlage oder Kerker mehrfach skizzierte. Mit Hilfe der von seinem Vater erfundenen Winkelperspektive lotet er in den unterschiedlichen Skizzen verschiedene Möglichkeiten aus, um komplizierte Raumfolgen darzustellen. Alle drei querformatigen Bildfelder zeigen Skizzen von Architekturansichten in Winkelperspektive. Die oberste Zeichnung skizziert einen Kloster- oder Palasthof: Links angeschnitten erscheint ein von mehreren Säulen getragenes Bogenportal, vor dem seitlich je ein Löwe auf einem Sockel ausgestreckt lagert. Davor öffnet sich der Blick rechts in einen mit Arkaden gesäumten Hof, in dessen Mitte ein steinernes Tabernakel steht, das wohl einen Brunnen beherbergt. Die zweite Skizze zeigt einen durch vor- und zurückspringende Elemente charakterisierten, prachtvollen, möglicherweise sakralen Innenraum: Zentrales architektonisches Element ist hier links eine Halbkuppel, die auf mächtigen Säulen ruhend, einen dahinterliegenden Raum nur erahnen lässt. Die unterste Skizze zeigt eine interessante Perspektive auf zwei parallel, jedoch versetzt zueinander angelegte Treppenanlagen am selben Gebäude: Im Vordergrund rechts führt eine breite Freitreppe in einen langen, tonnengewölbten Gang hinein. Parallel dazu, allerdings weit im Hintergrund links steigt eine zweite Treppe auf das gleiche Höhenniveau und führt den Betrachter in einen zweiten parallelen Galeriegang des gleichen Gebäudes.

Autor

MM/sdp

Rechtehinweis Beschreibung

RR-F