Graduale aus Nürnberg-Sankt Lorenz von 1421

Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Nürnberg

Beschreibung

Gradualien sind liturgische Handschriften, in denen seit der Karolingerzeit die Gesänge der Messliturgie – sowohl für die Schola als auch für die Solisten - aufgezeichnet werden. Die Bezeichnung leitet sich ab von den Stufen (lat. gradus) des Ambos (eines erhöhten Pultes in der Kirche), von denen aus gesungen wurde. Ab dem 13. Jahrhundert wurden die Gradualien, welche oft sehr großformatig waren, in verschiedene Bände aufgespalten. Zum Beispiel in Temporalien für den „normalen Gottesdienst“ im Lauf des Kirchenjahres und in Sanctoralien mit den Messen für die verschiedenen Heiligen, einschließlich der Jungfrau Maria. Das häufig große Format der Bände ergab sich aus der Notwendigkeit, dass die Sänger der Schola, welche um das Buch herum gruppiert standen, die Noten und Texte lesen können mussten. Von dem einst zweibändigen Graduale aus Nürnberg-Sankt Lorenz ist nur noch der zweite Band, das Sanctorale, vorhanden. Laut handschriftlichem Eintrag wurde das Buch im Jahr 1421 vollendet, geschrieben vom Dominikanermönch Johannes Gredinger. Neben diesem war aber noch mindestens ein weiterer Schreiber beteiligt. Dieser ist für die Texte verantwortlich, deren Initialen mit Gesichtern geschmückt sind. Über Vergleiche mit anderen Handschriften kann man diese Abschnitte dem Vikar und Schreiber in St. Lorenz Georg Rayl zuordnen. Das Graduale war knapp 90 Jahre lang in Gebrauch, bis es um 1510 vom sogenannten Gänsebuch abgelöst wurde.

Autor

Thilo Liebe