Kompositamulett mit Breverl (Druckgraphik mit mehreren Andachtsbildchen) sowie Schabmadonna, Kreuz und Medaille

Historischer Verein Neuburg an der Donau

Beschreibung

Der Begriff "Breverl" leitet sich ab vom lateinischen Adjektiv "brevis", das mit "klein" oder "zusammengerollt" übersetzt werden kann. Die Redewendung "librum in breve cogere" bedeutet: "ein Schriftstück zusammenrollen". In der religiösen Volkskunde wird unter "Breverl" ein zusammengefalteter Druck mit einer Hülle erstanden, der als unheilabwehrendes Amulett oder segenbringender Talisman am Körper getragen, in Kleidung eingenäht oder am Rosenkranz befestigt wurde. Das Etui war durch die Faltung meist wie ein kleines Kissen aufgepolstert, dessen Außenseite aus kostbaren Stoffresten wie Brokat oder Seide gestaltet war und zusätzlich verziert sein konnte, etwa durch applizierte Kreuze oder gesäumte Ränder. Breverl konnten quadratisch, rechteckig, rauten-, herz- oder kreuzförmig sein. Der gedruckte Zettel war in mehrere Felder unterteilt. In den einzelnen Feldern waren Heiligendarstellungen, Kopien von Gnadenbildern, Ansichten von Wallfahrtsorten oder Gebetstexte abgedruckt. Das Druckerzeugnis vereinigte also die Heilswirkung mehrerer, für unterschiedliche Belange zuständiger Gebetsadressaten. Verstärkt werden konnte die Segenskraft eines Breverls dadurch, dass ihm im zentralen Feld kleinformatige Objekte wie etwa Kreuze, geweihte Medaillen oder Heiligensymbole, jeweils in Miniaturform, beigefügt wurden. Auch Erde oder Holz von Wallfahrtsstätten, anberührte Stoffflecken oder geweihte Kräuter konnten zur Ausstattung eines Breverls gehören. Die Zusammenstellung von vielfältigen Schutz- und Abwehrzeichen machte ein Breverl zu einer "Geistlichen Hausapotheke", in der Mittel für jedwede Notlage zusammengestellt waren. Es war von einem Priester gesegnet und/oder mit einem von den Gläubigen verehrten Objekt in Kontakt gekommen (=anberührt worden). Breverl wurden von Orden hergestellt und an Wallfahrtsorten verkauft. Allerdings wusste der Käufer nicht, welchen Inhalt sein Breverl-Kissen tatsächlich besaß, denn diese wurden in verschlossenem Zustand erworben. Es galt der Grundsatz, dass nur ungeöffnete Breverl ihre volle Schutz- und Heilwirkung besaßen. Erst im Notfall durfte das Breverl geöffnet und damit seine Kraft aktiviert werden. Ihre Blütezeit erlebten die Breverl im 18. Jahrhundert. Später wurden sie durch den Einfluss der Aufklärung zurückgedrängt. Eine Schwundstufe der Breverl sind die Schuberplaketten in Plastiketuis, die heute noch massenhaft an Wallfahrtsorten verkauft werden. Sie werden in Handtaschen und Geldbeuteln oder im Auto mitgeführt. Neben einer oder zwei in das Etui eingeschobenen Plaketten ist ein gedruckter Zettel enthalten, auf dem heute häufig zu lesen ist: "Ich bin Katholik. Im Falle eines Unfalles, bitte, benachrichtigen Sie einen Priester. Adresse rückseitig!" Auf der Rückseite kann dann die eigene Adresse eingetragen werden.

Autor

Dr. Stephan Bachter, Historischer Verein Neuburg an der Donau

Rechtehinweis Beschreibung

CC BY-NC-ND 4.0