Schneiderbüste "Süddeutsche Büstenfabrik Jakob Schraut", weibliche Figur

Museum Oberschönenfeld

Beschreibung

Die höhenverstellbare Schichtholzbüste mit Leinenbespannung und schwarzbraun lackiertem Nadelholzfuß trägt am Halsansatz eine Messingplakette der „Süddeutschen Büstenfabrik Jakob Schraut“ in München. Die Schneiderpuppe mit ausladender Hüftpartie verwendete die Damenschneiderin Viktoria Deihl bis in die 1950er-Jahre. Viktoria Deihl (1901–1984) wuchs als eines von 14 Kindern in einem Bauernhaus in Neuburg an der Kammel (Lkr. Günzburg) auf. Sie und vier ebenfalls unverheiratete Geschwister übernahmen den Hof nach dem Tod der Eltern. Im Gegensatz zu ihren beiden ledigen Schwestern hatte Viktoria einen Beruf erlernt. Mit ihrer 1917 abgeschlossen Schneidergehilfinnen-Ausbildung verdiente sie bis in die 1950er-Jahre Geld als Damenschneiderin. Ihre „Werkstatt“ war die Stube. Dorthin kamen die Frauen aus dem Dorf zum Maßnehmen und Anprobieren. Als „Hochzeitsnähere“ nähte sie die Aussteuer, schneiderte Hochzeitskleider und stattete die Wäscheschränke aus. Am Hochzeitstag zog sie die Braut an und half ihr am Abend wieder aus dem Festkleid. Ab den 1950er-Jahren veränderten industriell hergestellte Textilien, die Verbreitung synthetischer Fasern und der Versandhandel den Umgang mit Kleidung grundlegend. Ließen sich die Menschen zuvor Kleider und Hosen schneidern, kauften sie diese nun günstiger von der Stange.