Aquarellierte Bleistiftzeichnung: Männertracht aus dem Landgerichtsbezirk Obergünzburg

Museum Oberschönenfeld

Beschreibung

Anlässlich der Trachteninitiative von König Maximilian II. von Bayern (1811–1864) entstand diese aquarellierte Bleistiftzeichnung als Beleg für ländliche Bekleidung von Männern im Landgericht Obergünzburg (Lkr. Ostallgäu). Der Dargestellte trägt Kleidungsstücke, die Jahrzehnte zuvor als städtisch-modern galten: seine Schnallenschuhe, die weißen Strümpfe, die Kniehose mit Messertasche, die dichtgeknöpfte Weste, auch Gilet bezeichnet, das schwarze, um den weißen Kragen gebundene Halstuch sowie sein Knickzylinder. Über die linke Schulter ist eine dicke hellwollene, am Rand farbig gemusterte Decke gebreitet, im Volksmund „Kotzen“ genannt. Das Blatt gelangte mit einer weiteren Zeichnung zur Frauentracht (Inv.Nr. 025250) vom Landgericht Obergünzburg 1852 über das Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg zum Bayerische Innenministerium. Im 1806 entstandenen Königreich Bayern setzten die Wittelsbacher auf „Einheit in der Vielfalt“: Regionale und lokale Identitäten sollten nicht im Gegensatz zum gesamtbayerischen Nationalgefühl stehen, sondern dieses ergänzen und verstärken. Geschickt verwoben sie bestehende schwäbische und lokalpatriotische Traditionen mit Königstreue und vaterländischem Stolz. Besonders erfolgreich war die Trachten- und Festpolitik der Wittelsbacher. Mit Umfragen zu ortsüblichen Kleidungsweisen wandelte sich die Bedeutung des Begriffs Tracht. Als Tracht galt nun regionaltypische Kleidung, die vielerorts erst geschaffen werden musste: Modisch veraltete Kleidung wurde nun – teils neu kombiniert – als Tracht ausgewiesen.