„Völkerschau Hawaii“ von Schausteller Rudolf Feldl aus München

Münchner Stadtmuseum

Hinweis

Dieses Objekt ist aufgrund des Dargestellten oder aufgrund seiner Inhalte aus ethisch-moralischer Sicht problematisch. bavarikon zeigt es, um eine kritische, sensible Auseinandersetzung mit diesen Darstellungen und Inhalten zu ermöglichen und zu fördern. Die Bayerische Staatsbibliothek als Betreiberin von bavarikon distanziert sich ausdrücklich von diskriminierenden, rassistischen, stereotypisierenden, menschenverachtenden Darstellungen und Inhalten.

Beschreibung

Auf der Fotografie aus dem Jahr 1959 ist der Eingang der „Völkerschau Hawaii“ des Münchner Schaustellers Rudolf Feldl (1919-1970) zu sehen. Sie war die letzte große Zurschaustellung „exotischer“ Menschen auf dem Oktoberfest. Im Rahmen der Schau waren über 100 Mitwirkende beschäftigt, von denen die meisten tatsächlich aus Hawaii stammten. Ein Drittel davon waren Profis, darunter etwa die Musiker und die Tänzer. Der Rest der Darsteller wurde von Agenten auf Hawaii angeworben. Um die Attraktion für das Publikum „authentisch“ erscheinen zu lassen, wurden sogar Kinder für die Inszenierung instrumentalisiert.

Im Zuge ihrer kolonialen Expansion im Pazifikraum annektierten die Vereinigten Staaten von Amerika 1898 den bis dahin selbständigen Inselstaat Hawaii. Bei vielen Einheimischen stieß diese Machtübernahme auf Widerstand, da weitreichende Teile der hawaiianischen Kultur unter dem omnipräsenten kulturellen Einfluss der USA zurückgedrängt wurden. Hawaii rückte Ende der 1950er Jahre in das Licht der Öffentlichkeit, da es nach einem Volksentscheid am 21. August 1959 zum fünfzigsten Bundesstaat der USA wurde. Darauf entwickelte sich eine für die Nachkriegsjahre typische Hawaii- und Südseebegeisterung.

Ähnlich wie bei den „Völkerschauen“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden auch in der Schau von Rudolf Feldl freie Interpretationen der polynesischen Kultur, vermengt mit Pseudo-Ritualen und Traditionen präsentiert. Die Fotografie zeigt eine exotisierende und diskriminierende Darstellung des „Anderen“ und greift damit die zeitgenössisch ausgeprägte Faszination für das „Fremde“ auf. Die im Rahmen dieser Attraktion gezeigten Darstellerinnen und Darsteller wurden alleine durch ihre als exotisch wahrgenommene Herkunft in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und kulturelle Stereotype gewinnbringend inszeniert und so reproduziert.

Mit fast 4000 Quadratmetern war Feldls Attraktion 1959 einer der umfangreichsten Schaustellerbetriebe auf dem Oktoberfest. Für die äußere Gestaltung der als „Leuchtende Südsee“ beworbenen Attraktion war der Münchner Filmarchitekt Ludwig Reiber (1904-1979) verantwortlich. Die auf der Fotografie gezeigte Frontseite diente mit dem Hauptgebäude und dem Eingangsbereich sowie den Treppen als eine Art Schaubühne. Zu sehen ist ein Teil der aufwendig gestalteten, exotischen Kulisse, ein Ansager und die auf den Stufen drapierten „Hawaiimädchen“, die viele Schaulustige anzogen.

Den vorderen Bereich des großen Geländes nahm ein Hawaii-Dorf ein. Angeschlossen an diese Bauten befand sich ein Zelt, in dem Vorführungen stattfanden. Auf der Bühne wurden teils authentische hawaiianische Tänze und Lieder vorgetragen.