Ostrakon (Kemit)

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Scherben aus Kalkstein oder Keramik, griechisch Ostraka genannt, wurden nicht nur von Künstlern für Entwurfsskizzen von Reliefs oder Malereien verwendet, sondern auch in den Schulen als billiges Schreibmaterial für Übungen benutzt. Viele literarische Texte älterer Zeiten sind nur von diesen „Schülerhandschriften“ bekannt. Umgekehrt lässt sich aus einer großen Anzahl von Ostraka mit demselben (literarischen) Text auf dessen Bedeutung und Wertschätzung schließen. Die Kemit ist ein im frühen Mittleren Reich (um 1900 v. Chr.) entstandenes Unterrichtswerk in Briefform. Damit ist es das älteste Schulbuch der Weltgeschichte, das noch 800 Jahre nach seiner Entstehung im Unterricht verwendet wurde. Fast alle Abschriften stammen aus der Ramessidenzeit (ca. 1200-1070 v. Chr.), man lernte durch Abschreiben und Auswendiglernen. Die Kemit, am besten zu übersetzen mit „Kompendium“, war ein im Unterricht für Schreiber verwendeter Musterbrief, deren Verfasser unbekannt ist. Idealisierte autobiographische Formeln und kurze Sequenzen im Stil der Lebenslehren bilden den Hauptteil; abschließend wird der Berufsstand des Schreibers gepriesen, der dank seiner Fähigkeiten stets auf Kosten des Staates, also als Beamter, versorgt sein wird: „Denn ein Schreiber auf irgendeinem Posten des Staates, der leidet dort wahrlich keine Not!“