Heiliger Martin

Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal

Beschreibung

Die spätmittelalterliche Holzskulptur zeigt den Heiligen Martin von Tours, der als junger Soldat zur Zeit der Spätantike lebte (4. Jh.). Thematisiert wird die Begegnung mit einem armen Mann, dem er die Hälfte seines Mantels schenkte. Der Moment der tugendhaften Mantelteilung und -spende ist für die Verehrung des Heiligen Martin zentral und bildete folglich auch in der Kunst ein beliebtes Motiv. Die an der Skulptur dargestellte Kleidung bezieht sich auf die römische Antike, ist aber letztlich mittelalterlich. Der Soldatenausstattung fehlt die Schutzbewaffnung (Helm, Panzer, Schild). Außerdem zeigt die Skulptur Martin nicht, wie üblich, auf dem Pferd. Der Bedeutung entsprechend wird der Heilige sehr viel größer dargestellt als der vor ihm kniende Bettler. Solche Überhöhungen sind für die mittelalterliche Kunst typisch. Das deutlich unterlebensgroße Format könnte darauf hindeuten, dass die Figur für die Verehrung in privaten Räumlichkeiten vorgesehen war. Die abgelaugte Oberfläche vermittelt heute nicht mehr die optische Erscheinung zum Zeitpunkt der Entstehung, die Holzskulptur wird stattdessen farbig gestaltet gewesen sein. Die Skulptur dürfte im späten 15. Jahrhundert gefertigt worden sein. Die Verwendung von Eichenholz kann ein Hinweis auf die Entstehung in den Niederlanden oder Norddeutschland sein. In die Kunstsammlung der Familie Tucher kam die Figur wahrscheinlich durch die rege Sammlungstätigkeit von Heinrich Sigmund Wilhelm von Tucher (1853–1925).