Kabinettscheibe mit Wildem Mann als Halter der Wappen von Martin I. Tucher und Margaretha Imhoff

Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal

Beschreibung

Im Laufschritt präsentiert ein Wilder Mann die beiden Schilde der Nürnberger Patrizierfamilien Tucher und Imhoff. Sein etwas gedrungener, gänzlich behaarter Körper wird von kräftigen Blattranken hinterfangen, die seinem Kopf entwachsen. Trotz der geklebten Sprünge bleibt die Zeichnung in ihrer Lebendigkeit unbeeinträchtigt. Wilde Männer als Wappenhalter finden sich in der Heraldik seit dem 15. Jahrhundert. Prominente Beispiele kennt man von Martin Schongauer und Albrecht Dürer. Da sich im graphischen Werk des jungen Dürer stilistische Parallelen aufzeigen lassen, hat die Forschung für die Scheibe einen möglichen Entwurf Dürers um 1495/1500 vorgeschlagen, dessen Ausführung die Werkstatt des Stadtglasers Veit Hirsvogel d.Ä. übernahm. Als Wappenallianz der Kabinettscheibe kommt nur die Ehe zwischen Martin I. Tucher (1460–1528) und Margaretha Imhoff (um 1461–1521; Heirat 1481) infrage. Nachweislich trat Martin als Auftraggeber Dürers für den Entwurf eines Gedächtnisbildes in Erscheinung, das er mit Hans IX. (1452–1521) dem gemeinsamen Bruder Dr. Lorenz Tucher (1447–1503) in St. Sebald widmete. Gegen Ende seines Lebens wurde Martin I. Ratsherr. Sein Anwesen am Treibberg ging an seinen Erben Lorenz II. (1490–1554), der dort den Neubau des Tucherschlosses vollendete. Martin I. ist mit einer Porträtminiatur im Großen Tucherbuch vertreten (fol. 90), der unverkennbar ein Holzmodell für Medaillen von Hans Schwarz (Münzkabinett Berlin) zugrunde liegt.

Autor

Claudia Däubler-Hauschke