Brief Daniels I. Tucher aus Mailand an seinen Vater Linhart II. Tucher in Nürnberg, 12.11.1545

Stadtarchiv Nürnberg

Beschreibung

Wie andere Nürnberger Patrizierfamilien schickten die Tucher ihre Söhne zur Kaufmanns- und Sprachausbildung nach Italien und Frankreich. So wurde Daniel I. Tucher (1530–1551), Sohn Linharts II., 1544 zur Ausbildung in eine italienische Firma nach Mailand geschickt, wo er von dortigen Nürnberger Kaufleuten betreut wurde. Mitte 1545 gaben diese ihn zu einem neuen Lehrherrn. Seitdem steigerte sich Daniel I. in die Vorstellung hinein, er werde von seinem früheren Lehrherrn verfolgt: Dieser wolle ihn einsperren lassen, wie er es bereits mit einem früheren Lehrjungen gemacht habe. Obwohl sein neuer Lehrherr, seine Mentoren und auch Linhart II. nichts davon hielten, bittet er in seinem Brief an seinen Vater dringend, aus Mailand entfernt zu werden. Italienisch könne er jetzt genug. Dann spricht er über seine Gewissensprobleme: Obwohl sein Vater ihn dazu ermahnt hatte, konnte er bei seinem früheren Lehrherrn kein Morgen- und Abendgebet sprechen, weil er seine Kammer mit einem anderen Jungen teilen musste und dieser ihn daran als Lutheraner erkannt hätte. Jetzt hat er eine eigene Kammer und bittet um ein Gebetbüchlein. Im letzten Teil des Briefes kommt Daniel seinen Informationspflichten nach und berichtet über kaiserliche Truppenbewegungen nach Piemont an die französische Grenze. Im April 1546 kam Daniel zur weiteren Ausbildung nach Lyon. 1548/49 trat er in die dortige Tucher-Niederlassung ein, starb aber schon 1551 in der Tucher-Filiale in Genf.

Autor

Horst-Dieter Beyerstedt