Einführung des Frauenwahlrechts

1919 durften Frauen in Bayern zum ersten Mal an den Wahlen zum Landtag (12. Januar; in der bayerischen Pfalz erst am 2. Februar) und zur verfassungsgebenden Nationalversammlung (19. Januar) teilnehmen. Dies schloss auch Ordensangehörige mit ein, wie die hier gezeigten Barmherzigen Schwestern (linkes Foto), die am 19. Januar auf dem Weg in ein Münchner Wahllokal waren. Obwohl es sich um ein wichtiges Ereignis handelte, sind erstaunlicherweise keine fotografischen Zeugnisse der Landtagswahlen vom 12. Januar überliefert. Erst zu den Wahlen am 19. Januar 1919 erschienen zwei Fotografien vom ansonsten in der Revolutionszeit sehr aktiven Fotoatelier Heinrich Hoffmann. Das Motiv der Ordensschwestern auf dem Weg zum Wahllokal wiederholte sich bei den Landtags- und Reichstagswahlen am 6. Juni 1920 (rechtes Foto).

Das Frauenwahlrecht wurde in Deutschland bereits seit 1873 von Aktivistinnen gefordert. In Bayern propagierte u.a. Anita Augspurg (1857-1943) das Wahlrecht der Frauen. Die Sozialdemokraten in Bayern unterstützten diese Forderung. Bei der Wahlrechtsreform 1906 wurde der Wunsch aber nicht berücksichtig.

Erst kurz vor der Revolution im November 1918 änderten sich die Bedingungen. Die nicht umgesetzten Reformversuche des 2. November 1918 sahen bereits die Einführung des Frauenwahlrechts vor. Kurt Eisner (1867-1919) griff diesen Punkt auf und stellte die rasche Einführung des Frauenwahlrechts in seiner Proklamation des Freistaats vom 8. November in Aussicht. Als es aber an die konkrete Umsetzung für die kommenden Landtagswahlen ging, wurde im Ministerrat darüber diskutiert, ob es nicht erst für die nachfolgenden Wahlen eingeführt werden solle. Die Mehrheitssozialdemokraten fürchteten, dass Frauen, besonders auf dem Land, mehrheitlich für die konservativ-katholische Bayerische Volkspartei (BVP), die Nachfolgepartei des Zentrums in Bayern, stimmen würden. Frauen stellten immerhin 53,4% der Wahlberechtigten. Das Frauenwahlrecht wurde dennoch eingeführt. Wie seitens der MSPD befürchtet, gingen die Stimmen der neuen Wählerinnen zu großen Teilen an die BVP.

Zum Digitalisat des Fotos von der Wahl zur Nationalversammlung vom 19. Januar 1919 (links)

Zum Digitalisat des Fotos von den Landtags- und Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920 (rechts)