Bedeutung der Schlossbauten

Die Königstragödie von 1886 war ein internationales Ereignis gewesen; selbst in Ländern wie den Vereinigten Staaten, in denen die meisten nichts oder nur wenig von Bayern wussten, war es nun bekannt, dass es dort einen bauwütigen, verrückten "Mad King" gegeben hatte, der Schlösser errichtet, angeblich den Staat und sicher sich selbst ruiniert habe und schließlich abgesetzt und in einem See ertrunken war.

Dass man die Schlösser Ludwigs bereits ab 1886 besichtigen konnte, machte sie gemeinsam mit der Tragödie ihres Bauherren rasch zu Reisezielen auch für den internationalen Tourismus, der in diesen Jahren gerade erst begonnen hatte, Bayern und den Voralpenraum für sich zu entdecken. Erste Reiseführer zu den "Königsschlössern" erschienen auf Deutsch bereits 1886; Führer in Sprachen wie Französisch und Englisch folgten bereits kurz danach.

Das hier vorliegende Buch ist die englische Übersetzung eines deutschen Reiseführers des ansonsten unbekannten Ludwig Sailer, der 1887 bereits in dritter Auflage erschien. Der Übersetzer, John Reynell Morell (1821-1891), lebte nach einer abgebrochenen Karriere als englischer Schulinspektor als Vielschreiber von meistens historisch-geographischen Überblickswerken. Dass der Münchener Verlag einen in Großbritannien lebenden und wirkenden (und damit teureren) Autor mit der Übersetzung beauftragte, zeigt, dass "Ludwig II." bereits zu einer Marke geworden war, mit der man auf gute Gewinne hoffen konnte.

Friedrich Röhrer-Ertl