Evangelische Pfarrbeschreibungen in Bayern des 19./20. Jahrhunderts

Vorbemerkungen

1832 unterzog das in München ansässige Oberkonsistorium der evangelisch-lutherische Kirche in Bayern die bis dahin üblichen allgemeinen Berichte einer kritischen Prüfung. Dabei entschied man sich, deren Inhalte künftig auf zwei Formen der Berichterstattung aufzuteilen: wechselnde Ereignisse eines Jahres sollten fortan in einem kürzeren Jahresbericht geschildert werden, während übergeordnete Verhältnisse der Pfarrei in einer umfangreichen Pfarrbeschreibung festgehalten werden sollten. Diese wurden dann vom jeweiligen Pfarrer, vereinzelt auch vom Pfarrverweser, angefertigt. Heute werden die Pfarrbeschreibungen im Landeskirchlichen Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Nürnberg aufbewahrt. Überwiegend handelt es sich um handschriftliches, gebundenes Archivgut, jedoch wurden einige Pfarrbeschreibungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits mit Schreibmaschine getippt.

Mit den Pfarrbeschreibungen liegen serielle Quellen des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts vor, die in Inhalt und Aufbau trotz einiger Unterschiede vergleichbar sind und die für Fragen der Kirchen- und Orts-, der Kultur- und Alltagsgeschichte sowie der Lokalgeschichtsschreibung herangezogen werden können.

Die Entstehungszeiten

Beschreibungen von Pfarreien wurden bereits in der Zeit vor 1833 angefertigt. Mit dem synodalen Beschluss von 1832 erhielten die Pfarrbeschreibungen allerdings ein bayernweit einheitliches Schema. Diesen gingen mancherorts historische Überblicke und kritische Sammlungen vorhandenen Quellenmaterials voraus, die vereinzelt den Pfarrbeschreibungen im Anhang beiliegen. Der Vorgabe entsprechend wurden die ersten Pfarrbeschreibungen zehn Jahre später revidiert, sodass der erste Jahrgang den Zeitraum zwischen 1833 und 1843 abdeckt. Erst ab 1864 wurden erneut Pfarrbeschreibungen, dann als eigenständige Werke, angefertigt und daher von den Zeitgenossen meist als "2. Band" verstanden (2. Jahrgang). Die jüngsten Pfarrbeschreibungen (3. Jahrgang) beginnen ab 1912, von denen die meisten bis 1918 abgeschlossen waren. Einige Exemplare wurden jedoch erst im Verlauf der 1920er Jahre oder sogar der 1930er Jahre fertiggestellt.

Aufbau und Inhalt

Zunächst ist allen Pfarrbeschreibungen gemeinsam, dass sie mit einem geschichtlichen Überblick zur Entstehung der Pfarrei und der kirchlichen Gebäude wie Gottes-, Pfarr- und Schulhaus beginnen. Diesem historischen Teil wurde eine Auflistung der verwendeten archivarischen und literarischen Quellen vorangestellt. Zusätzlich zu diesen ausführlichen Darstellungen wurden die für die Pfarr- bzw. Dorfgemeinde wichtigsten Ereignisse der Vergangenheit in knapper, chronologischer Reihenfolge wiedergegeben. Neben der Geschichte der Pfarrei war deren zeitgenössischer Umfang (Pfarrsprengel) sowie der bauliche Zustand der Kirchenbesitztümer zu schildern. Alle Pfarrbeschreibungen nennen mit kurzen Biografien bisherige Geistliche, Kantoren, Organisten und Lehrer. Auch wurde die finanzielle Situation der Pfarrei mit ihren Einkünften und Ausgaben sowie den Grund- und Immobilienbesitzungen aufgeführt. Vor allem im 19. Jahrhundert wurden im Anhang zusätzlich Inventare beigefügt, die den beweglichen Besitz der Pfarrei auflisten. Hierzu zählen beispielsweise liturgisches Gerät und Paramente, aber auch die Bestände der Pfarrbibliotheken. Da in allen Zeitabschnitten die Organisation und Verwaltung der Pfarrei mit den entsprechenden Organen und deren jeweiligen Aufgaben geschildert wurde, lassen sich heute die Verwaltungsstrukturen und Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Institutionen nachzeichnen.

Sind die Pfarrbeschreibungen des 19. Jahrhundert in ihrem Aufbau identisch, so änderte sich deren Struktur ab 1912. Nun wurde den "kultischen und außerkultischen Formen des Gemeindeslebens" ein eigenes Kapitel gewidmet, in welchem die Haupt-, Neben- und Kindergottesdienste, die Sakramente Taufe und Abendmahl sowie Konfirmation und Begräbnisse beschrieben wurden.

Wiederum alle Jahrgänge schließen mit einem Kapitel über die Religiosität und Sittlichkeit der Gemeinde ab. Während im 19. Jahrhundert der Fokus vor allem auf die inneren und äußeren Hemmnisse der Frömmigkeit lag und Vorschläge zu deren Verbesserung zu machen waren, fanden diese Aspekte ab 1912 lediglich in einer abschließenden Beurteilung des geistigen Zustandes der Gemeinde durch den Geistlichen Erwähnung. Vielmehr sollte ab 1912 das soziale Leben, die wirtschaftliche Situation sowie das Ehe- und Familienleben der Gemeindemitglieder geschildert werden.

ACHTUNG: Bei der Digitalisierung der Pfarrbeschreibungen wurden unbeschriebene Seiten unabhängig ihrer Paginierung nicht digitalisiert! Daher kann es innerhalb der Objekte zu Sprüngen in der Seitenzählung kommen.

Text: CC0

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>> Diese Sammlung ist ein Bestand des Institut für Fränkische Landesgeschichte (IFLG), des Landeskirchlichen Archivs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, der Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Marlesreuth, der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Walsdorf und der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden Töpen - Isaar - Münchenreuth.