KulturErben. Erhaltung und Vermittlung des Fassbinderhandwerks in Tirschenreuth

In Tirschenreuth war die Fassbinderei seit dem 14. Jahrhundert für das städtische Brauwesen bedeutsam. Hölzerne Bottiche spielten auch in der Land- und Teichwirtschaft und ab dem 19. Jahrhundert in der Porzellan- und Knopfindustrie eine große Rolle. Im Urkataster von 1842 sind für Tirschenreuth sechs Fassbinder belegt, 1925 waren es noch drei Handwerksbetriebe.

Zu diesen gehörte die 1879 eröffnete und bis in die 1970er Jahre tätige Fassbinderei Mickisch, die sich seit dem frühen 20. Jahrhundert auf ihrem Briefpapier folgendermaßen vorstellte: "Josef Mickisch, mech. Faßfabrik, Tirschenreuth (Bayern). Anfertigung von pressionsfähigen Fässern, Bottiche aller Art. Lager von slavonischen und amerikanischen [sic] Eichenholz." Nach 1975 lief die Fassherstellung allmählich aus und mit dem Tod des letzten Fabrikbesitzers Josef Mickisch (1909-1982) erlosch die lokale Fabrik- und Handwerkstradition in Tirschenreuth. Im Jahr 1996 stand schließlich der Abriss des Fabrikgebäudes an, in dem jedoch die Einrichtung noch in großen Teilen funktionsfähig erhalten war. Außer Dokumenten, typischen Fassbinder-Werkzeugen und Maschinen wie z. B. Stemm-, Daubenbiege- und Fügemaschinen war auch das Holzlager noch vorhanden. Um dieses Inventar zu retten, wurde 1997 der "Arbeitskreis Historisches Handwerk im Oberpfalzverein e.V." gegründet, der sich die Bewahrung und Vermittlung von Wissen und Können des Fassbinderhandwerks und anderer Handwerke zur Aufgabe machte. Den Ausgangspunkt seiner Aktivitäten bildete die Sicherung der ehemaligen Fassbinderei Mickisch, deren Ausstattung geborgen und wissenschaftlich dokumentiert werden konnte. Mehrmals musste das gesamte Inventar in Hallen in der Umgebung umgelagert werden, bevor 2018 eine Scheune im fünf Kilometer südöstlich von Tirschenreuth liegenden Dorf Matzersreuth angemietet werden konnte, wo die Geräte und Maschinen nun funktionstüchtig erhalten werden.

Der Arbeitskreis mit seinen etwa 15 ehrenamtlichen Mitgliedern hat sich zum Ziel gesetzt, neben der Fassbinderei heute nicht mehr gebräuchliche Handwerkstechniken sowie die Bedienung und Wartung der zugehörigen Maschinen und Werkzeuge zu dokumentieren, zu erforschen, das dazugehörige Wissen weiterzugeben sowie die Produkte vorzustellen. Dazu gibt es Führungen und handwerkliche Demonstrationen zur Fassbinderei, aber auch zu Handwerkstechniken der Schreiner, Zimmerer, Drechsler, Wagner, Besenbinder und Seiler.

Weitere Informationen: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/000454/index.html

>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Institut für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".