„Beim Oktoberfestrennen“

Auf frühen Schallplattenaufnahmen sind sogenannte "Komische Szenen" häufig zu finden. Bekannt ist dieses Narrativ auch aus der frühen Kinematographie oder der darstellenden Kunst. Das vorliegende Tondokument einer humoristischen Ausarbeitung wurde von August Junker (1872-1946) und Alois Hönle (1871-1943), beide Mitglieder der Münchener Volkssängerszene, im Jahr 1910 eingesprochen. August Junker übernahm bei den Auftritten des Duos meist die führende Rolle, während Alois Hönle eher im Hintergrund blieb und den untergeordneten Part spielte. Für den Text und das Konzept der Auftritte war vorwiegend Alois Hönle verantwortlich. Gerade die in den Auftritten zum Leben erweckten fiktiven Figuren Lucke und Kare, die den Geist der Bewohner der Münchener Vorstadt verkörpern sollten, brachten es zu einiger Berühmtheit. Beide Volkssänger leiteten zeitweise die über die Grenzen Münchens hinaus bekannte Singspielhalle Apollo-Theater, bei der Junker ab 1898 als Komiker tätig war.

Die hier zu hörende Tonaufnahme setzt sich wie folgt zusammen: Nach Ansage des Plattenlabels Odeon Record und drei Tusch-Signalen folgt das humoristische Duett, das mit einem auf die Ochsenprämierung im Rahmen des Zentral-Landwirtschaftsfestes auf dem Münchner Oktoberfest abzielenden Kurzdialog beginnt: "Ja, des is a schena Ochs, der den ersten Preis griagt hot – Ja, Sie hättn ’s eahm aba obado …". Danach werden in südbairisch-münchnerischer Bühnenmundart lustige Vorträge und Witze im Kontext des bis 1938 jährlich stattfindenden Pferderennens auf dem Münchener Oktoberfest wiedergegeben. Die zünftige Volksfeststimmung erreichen die Interpreten spätestens zum Schluss der Aufnahme, die nach Prosit-Rufen und der Aufforderung "Jetz geh‘ ma aba glei zum Schottenhame" mit dem damals sehr populären Liedrefrain auf eine Schottischmelodie endet: "Drah ma‘ um und drah ma‘ auf, es liegt nix dro‘, weil ma’s Geld auf dera Welt ned fressn ko…".

Theresia Schusser