Prunktisch in der Residenz München, Trierzimmer, Saal des Rates, R.53

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Beschreibung

Die Tischplatte ruht auf vier geschnitzten und vergoldeten Karyatiden und einer Mittelstütze in Form von zwei ineinander verschlungenen Fischkörpern. Die Karyatiden halten einen Blütenkranz wie ein Kapitell über ihren Köpfen, von den Schultern aus rahmt ein Blütenfeston ihren nackten Oberkörper.

En face wirken sie wie Hermen, Bildwerke mit Kopf und Oberkörper, die sich in nach unten verjüngende Pfeiler fortsetzen. Das wird parodiert durch die Klaue, die ihnen als Fuß dienen könnte, fungierte nicht das Ende des Stegs, auf dem sie stehen, als optische Unterbrechung.

Die Profilansicht der Karyatiden unterscheidet sich hingegen erheblich von der frontalen. Ähneln sie hier festen Standbildern, wirken sie dort wie bewegte Begleiterinnen des Meereswesens in ihrer Mitte, deren Schwänze sich aufrollen wie die von Nixen, zumindest auf den ersten Blick, denn in Wirklichkeit sind es volutenförmig eingedrehte und mit Beeren besetzte Akanthusranken.

Hier erfüllt sich die schon in der Renaissance geforderte Inventio: gewohnte Sehkonventionen sollen in Frage gestellt und neue Sichtweisen erzeugt werden.

Die Tischplatte besteht im Zentrum aus Pietra-dura-Tafeln mit Blumen- und Vogelmotiven und der Jagdgöttin Diana. Pietra-dura ist eine Technik, die Plättchen von harten (= dura) Halbedelsteinen, wie Achat, Lapislazuli und Jaspis, zu Bildern oder Mustern zusammenfügt.

Materialtechnisch heben sich die äußeren beiden Zonen davon ab. Sie sind in Boulletechnik gearbeitet; hierbei werden Formen und bildliche Darstellungen in Schildpatt Edelmetallen wie Silber, Messing und Zinn, gegenübergestellt. Im äußeren Rahmen dominiert hier das Silber, das Muster in rot hinterlegtem Schildpatt tritt zurück; im inneren Rahmen ist es umgekehrt. Das changierende Schildpatt gleicht einem optischen Paukenschlag neben den Blumenvasen und Ornamenten in Silber und Kupfer.

Nur die figürlichen Darstellungen in Perlmutt setzen unwiderstehlich attraktive Akzente in beiden Zonen.

Author

Sabine Seibert

Rights Statement Description

CC BY-NC-SA 4.0