Urbare des Hochstifts Freising

Im Hochmittelalter verfügten geistliche Herrschaftsträger in verwaltungsorganisatorischer Hinsicht über einen Vorsprung gegenüber den weltlichen, da in der Regel nur Geistliche des Lesens und Schreibens insbesondere in der Verwaltungssprache Latein, kundig waren. Somit war in einer bischöflichen Kurie sehr viel mehr qualifiziertes Personal auch für Aufgaben der weltlichen Administration vorhanden als am Hof eines Herzogs.

Für die bayerischen Bischöfe ergaben sich jedoch Komplikationen bei der Verwaltung des zu ihrem Bischofsstuhl gehörigen Grundbesitzes durch dessen verstreute Lage. Besonders dazu beigetragen hat der Umstand, dass in den östlichen und südöstlichen Randgebieten des bayerischen Stammesherzogtums im heutigen Ost-Österreich und Slowenien bis ins 13. Jahrhundert keine Bischofssitze begründet, sondern statt dessen nicht nur den dort kirchlich zuständigen ost-bayerischen Diözesen Passau und Salzburg, sondern auch den Bistümern Freising und Regensburg von Kaisern, Königen und bayerischen Herzögen Besitztümer übertragen worden waren, um in diesen Gebieten mit teilweiser slawischer Bevölkerung die christliche Mission zu fördern.

Daher besaß auch der Freisinger Bischofsstuhl Grundbesitz weit außerhalb der Diözesangrenzen in Niederösterreich (Waidhofen a.d. Ybbs, Ulmerfeld, Hollenburg, Groß-Enzersdorf), der Steiermark (Oberwölz), Südtirol (Innichen) und Slowenien (Bischoflack/Škofja Loka). Die Erstellung von urbariellen Aufzeichnungen lag in der Hand örtlicher Amtsträger des Bischofs. Dieses Verfahren tritt bereits bei den mit einer Kopialbuch-Handschrift zusammengebundenen ältesten Freisinger Urbaren aus dem 12. Jahrhundert (Hochstift Freising Archiv 7) auf. Bei einer Neuanlegung wurden zwei separate Urbarbücher für den österreichischen und bayerischen Besitz formiert, wobei das Exemplar für die österreichischen Besitzungen (HL Freising 541), das zwischen 1291 und ca. 1308 entstanden ist, sehr deutlich den zusammengesetzten Charakter erweist, während das bayerische 1305 in einem Zug niedergeschrieben wurde. Insgesamt erfolgte die Anlegung von Urbarbüchern im Hochstift Freising damit etwa zwei Generationen vor der im Herzogtum Bayern.

Andererseits ist die Verteilung auf zwei Bände bereits Reaktion auf die Konsolidierung der großen weltlichen Territorialfürstentümer, gegenüber denen der Fürstbischof von Freising zwar wohl noch die an der Grundherrschaft hängenden Gerichtsrechte ausüben konnte, hinsichtlich der Landesherrschaft aber auf die engste Umgebung der Bischofsstadt sowie die 1294 erworbene Grafschaft Werdenfels beschränkt blieb.

>> Diese Sammlung ist ein Teil der Sammlung "Urbare aus dem Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs" im Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns.