Ludwigs II. Einstellung zum Parlamentatrismus

Anhand zahlreicher Briefe König Ludwigs II. wird deutlich, dass er kein Fürsprecher des Parlamentarismus war. Die überlieferten Schreiben sind gespickt von teils drastisch formulierten Unmutsäußerungen über die beiden Kammern des Landtags. Parlamentarische Mitspracherechte schienen dem bayerischen König völlig unvereinbar mit seiner Vorstellung vom Königtum. In einem Schreiben an seinen Kabinettssekretär August von Eisenhart (1826-1905) aus dem Jahr 1870 drückte er seinen Unmut deutlich aus: "Wenn es wirklich so kommen wird, wie es den Anschein hat, das Volk sich beständig in das sich mischt, was meines königlichen Amtes ist, so danke ich jedenfalls ab; sorgen Sie dafür, dass dies bekannt werde".

Als Bedrohung des Königtums sah Ludwig II. demnach die Ausdehnung der Rechte des Parlaments auf Kosten der königlichen Prärogativen. Er war davon überzeugt, dass der Monarch dazu bestimmt war, zum "Heile des Volkes" zu wirken. Die innerhalb des Schreibens geäußerte autokratische Einstellung "Entweder herrsche Ich oder das Volk, zusammen tun wir nicht gut" steht exemplarisch für die idealisierte, fast naive Vorstellung Ludwigs von der Regierungstätigkeit eines Königs in einer konstitutionellen Monarchie.

So war es auch nur folgerichtig, dass Ludwig II. bei der Besetzung der Ministerposten keine Rücksicht auf die seit 1869 bestehende konservative Mehrheit in der Kammer der Abgeordneten nahm.

Stefan Schnupp / Julia Misamer