Ein Grabstein für David

Leichname wurden mit einer feierlichen Zeremonie bestattet. Für jeden Verstorbenen – Männer, Frauen und Kinder – wurde ein Grabstein gesetzt. Die Inschriften nennen neben dem vollen Namen und dem Sterbedatum Aufgaben und Ansehen in der Gemeinde und enden mit einem Segensspruch, wie z. B.: "Seine/ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens." Häufig gab es Ornamente, wie Blumen oder auf die Familie bezogene Symbole, die den Stein zierten. Solche Elemente sind in Regensburg eher selten überliefert.

Hier zu sehen ist einer der ersten Grabsteine auf dem 1210 neu angelegten jüdischen Friedhof Regensburgs. Errichtet wurde er im Jahr 1217/18 (= 4978 nach der jüdischen Zählung) für David bar Joseph. Vermutlich handelt es sich bei Davids Vater um jenen Joseph, der den Kauf des Friedhofsgeländes bezeugt hatte. Die Inschrift lautet:

סימן
לדוד בר
יוסף הלך
לעולמו
בתתקע ח"
לפרט

Zeichen
für David, Sohn des Herrn
Joseph, er ging hin
in seine Welt
im (Jahr) 978
der Zählung

Insgesamt gab es wohl einmal bis zu 5000 Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Regensburg. Dieser wurde 1519 zerstört und die Grabsteine als Baumaterial missbraucht. Einzelne Bürger haben sich die Steine als Trophäen sichtbar in ihren Häusern verbaut, um stolz ihre Mitwirkung an der Vertreibung öffentlich zu machen. Das Ziel der Regensburger Bürger, mit der Zerstörung des Judenviertels, der Synagoge und des Friedhofs auch die Erinnerung an die jüdischen Regensburger auszulöschen, ist allerdings nicht vollkommen gelungen: Heute erinnern gerade jene vermauerten Steine an die Geschehnisse zur Zeit der Vertreibung und an die Juden der Stadt.