Archidiakonat Aschaffenburg

Bereits vor Beginn des 13. Jahrhunderts umfasste das Erzbistum Mainz 18 Archidiakonate, denen das Mainzer Domkapitel beziehungsweise die Pröpste der jeweiligen Kollegiatstifte vorstanden. Der Aschaffenburger Stiftspropst war daher zugleich Archidiakon des Archidiakonats Aschaffenburg, das aus den Landkapiteln Montat (Bachgau), Rodgau und Taubergau (nach der Reformation noch Miltenberg und Lohr-Rieneck) bestand und bis zur Reformation 145 Pfarreien umfasste. Der erste indirekte Hinweis für die Existenz des Aschaffenburger Archidiakonats findet sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1170: Darin überlässt Erzbischof Christian von Mainz (um 1130-1183, Erzbischof 1160-1161 und 1165-1183) dem Propst Heinrich das alle vier Jahre dem Mainzer Stuhl zustehende Kathedratikum zu Lehen, was darauf schließen lässt, dass diese Einnahme in den übrigen Jahren dem Archidiakonat zufloss.

Urkunde, 1170 [Januar - Juni]

1170 [Januar - Juni]
  • ohne Angabe

Dem Aschaffenburger "Propstarchidiakon" fielen auf seinem Gebiet wichtige Aufgaben der Bistumsverwaltung zu. Hierzu zählte insbesondere die Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit, denn der Klerus war im Mittelalter vom Zugriff der weltlichen Gerichtsbarkeit befreit. Das hierfür zuständige geistliche Gericht wurde durch vom Archidiakon ernannte Offiziale, die "Richter der Aschaffenburger Kirche", besetzt. Diese wurden oft bei Streitigkeiten zwischen Geistlichen und Laien oder Geistlichen untereinander tätig, so auch im Jahr 1300, als es zu Differenzen zwischen Dekan und Kapitel von Aschaffenburg und den Brüdern von (Burg-)Joß wegen eines Hofes gekommen war.

Urkunde, 1300 August [ohne Tagesangabe]

1300 August [ohne Tagesangabe]
  • ohne Angabe

Noch häufiger jedoch siegelten die Richter auf dem Feld der freiwilligen Gerichtsbarkeit, etwa bei Kaufgeschäften, Stiftungen und Schenkungen, sehr oft aber auch bei testamentarischen Verfügungen: So errichtete etwa 1338 der Stiftsvikar Heinrich Schwab vor ihnen sein Testament.

Mit dem Konzil von Trient (1545-1563) wurden die archidiakonalen Rechte des Propstes weitestgehend beseitigt. Damit wirkte man der Tendenz eines zunehmenden geistlichen Eigenlebens und einer wachsenden Emanzipation der Stifte innerhalb des Mainzer Territoriums entgegen.