Gemeinschaftliches Handeln und personelle Verflechtung

Trotz vielfacher Reibungspunkte gab es auch Bereiche, in denen die Stadt und das Stift eng miteinander kooperierten. Ein Beispiel hierfür ist deren gemeinsame Haltung zur Zeit der Mainzer Stiftsfehde in den Jahren 1459-1463: Beide Parteien unterstützten geschlossen Dieter von Isenburg (1412-1482, Erzbischof 1459-1461 und erneut ab 1475) in seinem Kampf um den Mainzer Erzstuhl gegen Adolf von Nassau (um 1423-1475, Erzbischof ab 1461). Laut einer Urkunde aus dem Jahr 1462 zahlte das Stift hierfür der Stadt, da sie angesichts des Kriegsgeschehens mit "beswerniße, trott, mühe und arbeit, mit wachte, hute, und vil andern sachen" beladen worden war, eine Zusteuer von 100 Pfund Heller.

Urkunde, 1462 April 10

1462 April 10
  • [Aschaffenburg]

Neben diesem gemeinsamen Vorgehen auf politischer Ebene gab es aber noch anderweitige Kooperationen zwischen Stadt und Stift. Als etwa die um 989 entstandene hölzerne Mainbrücke Ende des 15. Jahrhunderts als Steinbau neu errichtet wurde, beteiligten sich beide Seiten finanziell an dem Vorhaben. In diesem Zusammenhang sind aus den Jahren 1493 und 1495 zwei Urkunden erhalten, in denen die jeweiligen Unterbrückenmeister bestätigen, von Dekan und Kapitel Gelder für den Bau der Brücke erhalten zu haben.

Auch die Instandhaltung eines um das Jahr 1486 neu entstandenen Brunnens wurde gemeinsam von Stadt und Stift sowie dem erzbischöflichen Landesherrn finanziert. Des Weiteren arbeitete man bei der Verwaltung des Spitals eng zusammen. Nach außen vertreten wurde dieses durch einen bürgerlichen Verwalter, einen Vertreter der Stiftsgeistlichkeit und den Spitalgeistlichen. Einschlägige Urkunden wurden gemeinsam von Stadt und Stift besiegelt, so etwa auch 1285.

Zwischen Stadtgemeinde und Stift gab es zudem eine enge personelle und familiäre Verflechtung. Ein Großteil der Kanoniker stammte aus städtischen Familien oder solchen des Aschaffenburger Umlands. Der Eintritt in das Stift stellte somit auch eine Möglichkeit des gesellschaftlichen Aufstiegs dar und viele Personen waren im Laufe ihres Lebens sowohl städtische Amtsträger als auch Mitglieder des Kollegiatstiftes.