Tulpenbecher

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Das extrem dünnwandige und daher fast gewichtslose Gefäß mit messerscharfer Lippe wird aufgrund der konkaven, leicht ausschwingenden Form der Wandung meist als „Tulpenbecher“ bezeichnet. Die schwarze Schmauchung im Inneren reicht außen unregelmäßig weit auf den Gefäßkörper hinunter. Der metallische Glanz wurde durch eine Graphit-Politur erzielt, wie er auch heute noch in einigen Regionen Schwarzafrikas in der Keramik-Produktion üblich ist. Die Form des Tulpenbechers ist charakteristisch für die Keramik der Kultur von Kerma (ca. 2500-1500 v. Chr.), in der den Ägyptern erstmals ein erstzunehmender Gegner im Süden mit einer Hauptstadt am 3. Katarakt erwachsen war. Parallel zur altägyptischen Kultur waren im südlichen Niltal, vom 1. Katarakt bis hinunter zum Zusammenfluß von Weißem und Blauem Nil, die Kulturen des antiken Sudan entstanden. Sie entwickelten stets dann eine besondere Blüte, wenn sich Ägypten aus innenpolitischen Gründen aus seinen südlichen – nubischen – Besitzungen zurückziehen musste. In der Produktion von Keramik waren die nubischen Kulturen in fast allen Epochen Altägypten überlegen. So zählen die dünnwandigen „Tulpenbecher“ der Kerma-Kultur mit ihrer typischen schwarz-rotbraunen Färbung zu den qualitätsvollsten Keramikgefäßen, die jemals im Niltal geschaffen wurden.