Ausstellung für Volkskunst und Heimatkunde Kaufbeuren 1901

Franz Zell war 1901 maßgeblich an der Umsetzung der bayernweit einflussreichen Ausstellung für „Volkskunst und Heimatkunde“ in Kaufbeuren beteiligt. Erstmals wurden in einer Kleinstadt bäuerliche Wohnkultur und Hausrat, Tracht und Handwerkskunst aus einer Region gezeigt. Die Idee: "Ein in den Grundzügen anschauliches Bild der einst so reichen und blühenden Bauernkunst des Allgäu zu bieten", (F. Zell, Katalog Volkskunst im Allgäu).

Die Ausstellung initiierte der Kaufbeurer Bezirksamtmann Gustav von Kahr (1862-1934). Der Verwaltungsjurist Kahr wurde kurz nach der Ausstellung in das Münchener Innenministerium berufen und stieg dort zum Regierungspräsidenten von Oberbayern auf. Den Adelstitel erhielt er für sein Engagement um Volkskunde und Denkmalschutz.

Von Kahr wurde erst mit dem Ende der monarchischen Herrschaft in Bayern und im gesamten Deutschen Reich politisch aktiv. 1920 wurde er zum Bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Er trat ein Jahr später zurück. Zum Genaralstaatskommissar wurde er 1923 ernannt. In dieser Funktion verbot von Kahr in Bayern linksgerichtete Organisationen und Zeitungen. Trotz seiner rechts-konservativen Haltung ließ von Kahr im selben Jahr den Hitler-Putsch niederschlagen. Schon ein Jahr später musste er alle öffentlichen Ämter niederlegen. 1934 wurde von Kahr in Dachau von Angehörigen der SS ermordet. Die Kaufbeurer Ausstellung war konzipiert als Begleitprogramm einer zweiwöchigen Landwirtschaftsmesse im September 1901. Die Bezirks-Messe zeigte moderne landwirtschaftliche Arbeitsweise, den Fortschritt. Die Ausstellung "Volkskunst im Allgäu" inszenierte das Gegenbild, das Ideal der Vergangenheit. Neben von Kahr, waren der in Kaufbeuren lebende Geistliche und spätere Nationalsozialist Christian Frank (1867-1942) und Franz Zell die Ausstellungsmacher.

Die Drei trugen regionale Exponate zusammen, die Zell zu Stuben-Inszenierungen arrangierte. Für die ideale Präsentation des Wohnens und Lebens vergangener Tage ließ Zell Möbel rekonstruieren und anpassen.

Michaela Thomas