Skizzenbuch zur Volkskunst

Franz Zell hinterließ mehr als 30 Skizzenbücher, datiert von 1892 bis 1947. Diese werden heute im Archiv des Bayerischen Nationalmuseums und des Oberammergau Museums aufbewahrt. Nun ist es zum ersten Mal möglich, ein Skizzenbuch digital zu betrachten.

Wilhelm Heinrich Riehl (1833-1897), der als wissenschaftlicher Begründer der Volkskunde gilt, propagierte das wandernde Erschauen der Volkskultur und beschreibt es als "Methode des Wanderstudiums". In diesem Sinn durchwanderte Zell seit den 1890er-Jahren das oberbayerische und schwäbische Alpenvorland, die Alpen bis nach Tirol hinein. Zell war auf seinen "zahllosen Kreuz- und Quer-Studienfahrten", wie er diese nannte, mit Skizzenbuch und Fotokamera unterwegs.

Mit seinen Skizzenbüchern hinterläßt Zell nicht nur regionales und kulturelles Erbe sondern persönliche "Fahrtenbücher". Dieses Buch zeugt von Reisen Zells nach Hamburg und Paris. Es beinhaltet Skizzen zu Architekturdetails und Bräuchen aus Oberbayern. Ortsangaben und schriftliche Hinweise geben regionale Zuordnung.

Franz Zell besuchte im Dezember 1899 in Hamburg eine Privatsammlung. Dort skizzierte und erfaßte er einen "Altenländer Hochzeitsstuhl" in Maß und Detail. Solche Skizzen bildeten dann Vorlagen für Zells Möbelentwürfe. Im März 1900 reiste Zell nach Paris und besuchte das Pariser Mittelaltermuseum, Musée de Cluny, heute Musée National du Moyen Âge.

Die Skizze des Maibaums von Strasslach (heute Straßlach-Dingharting) zeigt Zells Ausflüge ins Münchner Umland. Launig versieht er seine Skizze mit einem Vers: "Der Maibaum ist des Dorfes Zier, bekundet auch diesbezüglich Gier" – ein Hinweis auf die Tradition des Maibaum-Diebstahls.

Michaela Thomas